Assoziation, freie
Keyword: Assoziation, freie
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Definition: S. Freud machte die Methode der freien Assoziation zur Grundregel der > Psychoanalyse, nachdem er von der Hypnose als einem Mittel, unbewusste Inhalte zu erforschen, wieder Abstand genommen hatte. Bei der freien Assoziation folgt der Analysand im entspannten Zustand dem in ihm stetig, aber meist nur halb bewusst ablaufenden Strom seiner Einfälle, Bilder, Wahrnehmungen, Fantasien mit bewusster Achtsamkeit. Freud forderte seine Patienten dabei auf, sich „in die Lage eines aufmerksamen und leidenschaftslosen Selbstbeobachters zu versetzen, immer nur die Oberfläche seines Bewusstseins abzulesen und einerseits sich die vollste Aufrichtigkeit zur Pflicht zu machen, andrerseits keinen Einfall von der Mitteilung auszuschließen, auch wenn man 1. ihn allzu unangenehm finden sollte, oder wenn man 2. urteilen müsste, er sei unsinnig, 3. allzu unwichtig, 4. gehöre er nicht zu dem, was man suche“ (Freud, GW 14, S. 214). Zugleich empfahl er als Pendant zu dieser Offenheit des Analysanden (> Analyse) dem Therapeuten eine „gleichschwebende Aufmerksamkeit“ (> Aufmerksamkeit, gleichschwebende) einzunehmen.
Information: Das scheinbar einfache Beobachten und Mitteilen der spontanen Einfälle wird oft als sehr schwierig empfunden, weil der Assoziierende dabei nach kurzer Zeit unweigerlich mit Gedanken, Gefühlen, Empfindungen und Fantasien in Berührung kommt, die ihm unangenehm sind, die er am liebsten abwehren und nicht mitteilen möchte. Aber gerade diese Widerstände (> Widerstand) können zu wichtigen unbewussten Themen, Konflikten und Potenzialen führen. Die Stockungen und Störungen des assoziativen Flusses weisen auf die Wirksamkeit eines positiv oder negativ „aufgeladenen“ seelischen Inhaltes, eines Komplexes (> Komplex) hin. C. G. Jung hat die Existenz und Wirkung solcher Komplexe mithilfe des Assoziationsexperimentes (> Assoziationsexperiment) experimentell untersucht und nachgewiesen. Es ist ein Ziel der tiefenpsychologischen und analytischen Therapieformen, diese unbewussten Konflikte (> Konflikt) und Komplexe bewusst zu machen und zu integrieren (> Integration).
Die in der Anfangszeit der > Psychoanalyse noch als „Gebot“ und „Pflicht“ (was dem Grundgedanken der Freiheit, die im therapeutischen Prozess ermöglicht werden sollte, widerspricht) verstandene Grundregel der freien Assoziation wird in der modernen > Psychoanalyse und Analytischen Psychologie (> Analytische Psychologie) eher als ein Angebot und eine Ermutigung an den Analysanden gesehen, sich in der therapeutischen Situation ohne Druck und Zwang seinen unbewussten Anteilen zu öffnen. Die freie Assoziation wird nicht als eine unbedingte Leistung verstanden, die dem Analysanden von Anfang an abverlangt werden sollte, sondern als eine Fähigkeit, die er im Laufe des therapeutischen Prozesses gewinnt. Es wird als ein Zeichen zunehmender psychischer Stabilität und Gesundheit angesehen, je weniger der Analysand dem freien Fluss der seelischen Vorgänge Widerstände entgegensetzen muss und je mehr er sich als einen Menschen zulassen kann, der sich in einem fortwährenden Prozess befindet, in dem sich die verschiedensten psychischen Polaritäten (> Polarität) abwechseln. Die freie Assoziation kann auch in andere Formen der Fantasietätigkeit und veränderte Bewusstseinszustände übergehen (> Abaissement du niveau mental > Bewusstseinszustände, veränderte > Imagination, aktive).
Literatur: Dieckmann, H. (1979): Methoden der Analytischen Psychologie; Freud, S. (1913 a): Zur Einleitung der Behandlung; Hölzer, M. (2002): Freie Asssoziation; Müller, L., Knoll, D. (1998): Ins Innere der Dinge schauen.
Autor: A. Müller