Ehe/Partnerschaft

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Keyword: Ehe / Partnerschaft

Links: > Anima/Animus > Beziehung > Beziehungsquaternio > Coniunctio/Mysterium Coniunctionis > Eros-Prinzip > Hierosgamos > Paar > Syzygie

Definition: C. G. Jung verwendet den Ehe-Begriff in zweierlei Hinsicht: konkret als Bezeichnung für die gelebte Beziehung von Mann und Frau und symbolisch als Ausdruck einer „inneren Vermählung“ der männlichen und weiblichen Anteile der Psyche (> Anima/Animus), wobei in seinem Beziehungskonzept diese inneren und äußeren Faktoren immer so wirken, als wenn sie voneinander nicht zu entflechten wären.

Information: Häufig beginnen Partnerschaften unter der Bedingung eines sich erst entwickelnden individuellen und Beziehungs-Bewusstseins und benötigen hierfür, dass der eine beim anderen eine gleichartige psychologische Struktur voraussetzt. “Die normale Sexualität als gemeinsames und scheinbar gleichgerichtetes Erleben bestärkt das Gefühl der Einheit und der Identität. Dieser Zustand wird als völlige Harmonie bezeichnet und als großes Glück gepriesen [..] Ja es ist ein echtes und nicht zu leugnendes Erleben der Gottheit, deren Übergewalt alles Individuelle auslöscht und verschlingt.“ (Jung, GW 17, § 330).

> Individuation in der Ehe/Partnerschaft lässt sich aber nur erreichen, wenn sich das eine Individuum vom anderen Individuum unterscheidet. Damit sind entsprechende Entwicklungs- und Partnerschaftskrisen (> Krise) unvermeidbar. Besonders wenn mit dem Anbruch der zweiten Lebenshälfte (> Lebenswende) tiefer greifende Veränderungsprozesse beginnen und sich Entwicklungstempo oder Umfang der geistigen Persönlichkeit bei den Partnern unterscheiden, gilt es, die bis dahin aufrechterhaltenen Vorstellungen vom anderen zu differenzieren (> Differenzierung) und die Projektionen (> Projektion) zurückzunehmen (> Integration). Jung entwirft in diesem Zusammenhang das Modell von den unterschiedlich komplizierten Persönlichkeiten der Partner, wobei die einfacher strukturierte in der komplizierteren Persönlichkeit enthalten sein soll (der Enthaltende und der Enthaltene). Daraus ergeben sich vielfältige Implikationen, die heute als „Kollusion“ (unbewusstes Zusammenspiel) beschrieben werden. Außerdem haben die archetypischen Strukturen (> Archetyp) von Anima/Animus (> Anima/Animus) einen bestimmenden Einfluss auf Partnerwahl und Beziehungen, insbesondere weil diese sehr durch die > Beziehung zum gegengeschlechtlichen Elternteil in der Kindheit beeinflusst sind. Die Wahl des Partners zeigt oft die psychischen Eigenschaften desjenigen Elternteils, an welches das Kind unbewusst gebunden ist.

Eine besondere Bedeutung kommt dem archetypische Prozess der inneren Vermählung der gegensätzlichen männlichen und weiblichen Kräfte und Anteile der Psyche zu (> Coniunctio/Mysterium Coniunctionis). Sinn und Ergebnis dieser Vereinigung ist das Kind als umfassendes Symbol der > Ganzheit, die durch die neue Kombination der zuvor getrennten Gegensätze gewonnen wird (Vereinigung von Form und Materie in der > Alchemie). Die Heilige Hochzeit (> Hierosgamos), das Hochzeitsfest ist Symbol des Ziels, dem Tod und Wiedergeburt folgen (vgl. Jung, GW 13, § 198).

Literatur: Kast, V. (1984): Paare; Sanford, J. A. (1996): Unsere unsichtbaren Partner; Johnson, R. A. (1983): Traumvorstellung Liebe.

Autor: H. Obleser