Kinderpsychotherapie, analytische: Theorie
Keyword: Kinderpsychotherapie, analytische: Theorie
Links: > Eltern > Entwicklungspsychologie > Familie > Kindarchetyp > Kinderpsychotherapie, Analytische: Praxis > Kindheit/Kindheitsphasen > Säuglingsbeobachtung > Säuglingsforschung
Definition: Für S. Freud und die > Psychoanalyse ist die Beschäftigung mit Fragen der Entwicklung und Erziehung des Kindes naturgemäß von großer Bedeutung. Früh sind Arbeiten zur psychoanalytischen Pädagogik (A. Aichhorn, S. Bernfeld) erschienen, und bald etabliert sich die > Psychoanalyse des Kindes mit zunächst zwei unterschiedlichen Ansätzen (A. Freud, M. Klein).
Information: Auch C. G. Jung beschäftigt sich in zahlreichen Veröffentlichungen mit der kindlichen Entwicklung (vgl. Jung, GW 17). Einer Psychotherapie des Kindes steht er jedoch ablehnend gegenüber. Wegen der engen Verwobenheit der kindlichen Seele mit der der Eltern sieht er eher die Notwendigkeit einer Selbsterziehung oder eigenen Therapie der Eltern. Diese - durchaus familientherapeutische Aspekte vorwegnehmende - Sichtweise vertritt auch F. Wickes in ihrem Buch Analyse der Kindesseele (Wickes, 1969). Sie spricht sich auch wegen einer, von ihr befürchteten, psychischen Überschwemmung des Kindes durch archetypisches Material gegen eine Kinderanalyse aus. Wichtige Ansätze klinisch-therapeutischer Arbeit mit Kindern vor dem Hintergrund der Analytischen Psychologie (> Analytische Psychologie) finden sich bei S. Spielrein, die 1923 ein Kinderheim sowie eine Kinderklinik mit psychotherapeutischer Ausrichtung in Moskau gegründet hat, sowie bei J. Aichele, die in den 30er- und 40er Jahren ein Kinderheim in Beuren bei Tübingen leitet. Die theoretische und praktische Arbeit von D. Kalff einerseits und M. Fordham andrerseits ist als wegweisend für die zwei bedeutendsten Richtungen der Analytischen Kindertherapie anzuführen, wie sie seit den 70er Jahren in Stuttgart (später auch in Zürich) und in London an Ausbildungsinstituten gelehrt werden. Während die, sich aus der Methodik des Kalff'schen Sandspiels (> Sandspiel) ergebende, therapeutische Haltung eher kreativitätsfördernd, raumgebend, empfangend ist und auf die Betrachtung des Symbols (> Symbol) großen Wert legt (vgl. Falldarstellungen in: Eschenbach, 1978), stellt der, auch von Winnicott und Klein beeinflusste, Ansatz Fordhams das Deuten (> Deutung), Verstehen, > Durcharbeiten und die Beachtung des Übertragungsgeschehens (> Übertragung/Gegenübertragung) in den Vordergrund. Einen ergänzenden, der psychoanalytisch gängigen Betrachtungsweise von Kindheit, widersprechenden Beitrag aus dem Bereich der Archetypenpsychologie (> Archetypische Psychologie) leistet J. Hillman (vgl. Hillman, 1998) mit seinem Gedanken, dass nicht Lebensumstände und Erziehung die > Individualität eines Menschen bestimmen, sondern ein bereits, von Anfang an, vorhandener Wesenskern oder ein inneres Bild, das sich dann im Laufe des Lebens verwirklicht.
Literatur: Eschenbach, U. (Hrsg.) (1978): Das Symbol im therapeutischen Prozess bei Kindern und Jugendlichen; Fordham, M. (1948): Vom Seelenleben des Kindes; Fordham, M. (1974): Das Kind als Individuum. Neumann, E. (1963): Das Kind; Petzold, H., Ramin, G. (1987): Schulen der Kinderpsychotherapie.
Autor: W. Gekeler