Schatten, archetypischer

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Keyword: Schatten, archetypischer

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Definition: die Analytische Psychologie bezeichnet die, im kollektiven Unbewussten (> Unbewusstes, kollektives) prinzipiell vorhandene, Möglichkeit des > Bösen, die Fähigkeit zum Bösen, das absolut-böse, als archetypischen oder kollektiven Schatten (> Ethik > Moral). Von den Archetypen > können sowohl Sinn gebende, weiterführende und ordnende, aber auch dämonische, destruktive und tötende Impulse ausgehen. Seit jeher erscheinen diese zerstörerischen Energien der archetypischen seelischen Tiefenschicht ebenso in Bildern, Träumen und Fantasien wie die positiven Energien und Bereitschaften. In den Mythen, Religionen und Philosophien, in der Dichtung, Literatur, der bildenden Kunst und Musik aller Kulturen und Zeiten sind sie ausgestaltet: als Teufel (> Gottesbild), > Hexen, Dämonen (> Geister), Drachen (> Drachenkampf > Heldenmythos) und Ungeheuer, als mythischer Kampf zwischen Gut und Böse, Hell und Dunkel. Auch aus dem Unbewussten der heutigen Menschen steigen destruktive Energien in archaischen Bildern von Explosionen, Katastrophen, Kriegen, wilden Tieren, Ungeheuern, Mördern, Folterern verschiedener Art auf, häufig auch mit modernen Requisiten ausgestattet, z. B. mit Maschinenpistolen, Handgranaten oder auch Atombomben. Sie können, besonders dann, wenn sie keine Beachtung und Berücksichtigung durch das Ich-Bewusstsein finden, vergiftend und zerstörerisch ins individuelle und ins kollektive Bewusstsein (> Bewusstsein, kollektives) einbrechen.

Information: Dem Schatten ist nicht zu entkommen, und die Frage nach dem Bösen ist nicht leicht zu beantworten. Vom Standpunkt der > Polarität und des nicht zu vermeidenden Schattens aus gesehen ist die auseinandergerissene Polarität der Ursprung des Bösen. Die Hell-dunkel-Polarität und damit das Böse und Verteufelte anzunehmen, ist oft nur nach einem langen Prozess der Auseinandersetzung mit schmerzhaft erlebten inneren Konflikten möglich. In der > Alchemie wird altes symbolisches Wissen über den Umgang mit dem archetypischen Schatten vermittelt. Vordringlich geht es im Opus des Alchemisten darum, die Gespaltenheit von Hell und Dunkel aufzuheben, denn psychologisch gesprochen versuchte der Alchemist in seiner Arbeit an der Prima materia, der "Schwärze", durch einen differenzierten Verwandlungsprozess aus der Grundsubstanz des Dunkeln und dem Zustand der Zersplitterung und Gespaltenheit (> Dissoziation > Spaltung) zu einem höheren Bewusstsein und zum Erlebnis des Selbst zu kommen. Das ist der innere Sinn der Suche nach dem "Stein der Weisen", der bezeichnenderweise im Staub der Straße gefunden wird. Auch die Märchenerzählungen und (> Märchen) und Mythen vermitteln psychologisches Tiefenwissen über den Schattenarchetyp: Hier stehen sich Gut und Böse gegenüber und der Held erlebt die Polarität als Herausforderung. Er entwickelt sich in der Auseinandersetzung mit unangenehmen, ausweglosen, angstvollen und verzweifelten Situationen. Die Auseinandersetzung mit dem Bösen bewirkt Wandlung, gewandelt werden sowohl der Held wie auch das Dunkle, das Bedrohliche, das Böse oder die Lebenssituation.

Keine

Literatur: Franz, M. -L. v. (1985 b): Der Schatten und das Böse im Märchen; Kast, V. (2001): Der Schatten in uns; Schnocks, D. (1998): Der Schatten unserer Seele; Zweig, C.; Abrams, J. (Hrsg.) (1993) Die Schattenseite der Seele.

Autor: D. Schnocks