Triebentwicklung, Phasen der: Unterschied zwischen den Versionen
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Die psychoanalytische Theorie der Entwicklungsphasen der Libido und ihre Bedeutung für die Entstehung der psychischen Struktur ist von C. G. Jung und der Analytischen Psychologie in ihrer Ausschließlichkeit von Anfang an nicht anerkannt worden und wird inzwischen auch innerhalb der Psychoanalyse weitgehend relativiert. Die Entwicklung der Sexualität wird heute nur als eine Entwicklungslinie neben vielen anderen betrachtet. Die Bezeichnungen oral, anal, phallisch etc. werden teilweise noch verwendet, etwa in der Darstellung der Psychogenese und Psychodynamik der psychischen Störungen, aber in einer wesentlich erweiterten Form. So bezieht sich z. B. der Begriff der Oralität nicht mehr nur auf die Befriedigung oraler Lustbedürfnisse, sondern auch auf Bedürfnisse nach Geborgenheit, Hautkontakt, Wärme, Nähe, Sicherheit. | |||
<b>Literatur:</b> Mertens, W. (Hrsg.) (1993): Schlüsselbegriffe der Psychoanalyse. | <b>Literatur:</b> Mertens, W. (Hrsg.) (1993): Schlüsselbegriffe der Psychoanalyse. | ||
<b>Autor:</b> H. Obleser | <b>Autor:</b> H. Obleser |
Aktuelle Version vom 21. Juli 2024, 10:55 Uhr
Keyword: Triebentwicklung, Phasen der
Links: > Bewusstseinsentwicklung > Entwicklungspsychologie > Kindheit, Phasen der > Psychoanalyse > Säuglingsforschung
Definition: Die klassische Psychoanalyse beschreibt die psychische Entwicklung (> Entwicklungspsychologie) als eine Abfolge von Phasen, die sich durch die Organisation der Sexualenergie definiert. Die "psychosexuelle Entwicklung" folgt hierbei dem Lustgewinn aus verschiedenen Körperzonen (erogenen Zonen).
Information: In der oralen Phase (1. Lebensjahr), der ersten Stufe der Libidoentwicklung und prägenitalen Organisationsform, ist die sexuelle Lust überwiegend an die Reizung der Mundhöhle und der Lippen bei der Nahrungsaufnahme gebunden. K. Abraham hat eine Unterteilung in frühe orale Stufe (Saugen an der Mutterbrust, später Daumenlutschen) und oral-sadistische Stufe (Beißen, was dem Erscheinen der Zähne entspricht) vorgeschlagen.
Die anale Phase (2. und 3. Lebensjahr) ist durch eine Organisation der Libido unter dem Primat der analen erogenen Zone charakterisiert: Ausstoßen-Zurückhalten. Dabei besitzt das Fäces als Wert symbolische Bedeutung. Abraham unterscheidet 2 Subphasen. In der ersten Subphase hängt die Analerotik mit der Entleerung zusammen; es handelt sich um den sadistischen Trieb (> Thanatos), der die Zerstörung des Objekts anstrebt. In der zweiten Subphase ist die Analerotik an das Zurückhalten gebunden, der sadistische Trieb richtet sich auf die Beherrschung des Objekts.
Die phallische Phase (4. bis 6. Lebensjahr) vereinigt die ersten beiden Stufen und stellt sie unter das Primat der Genitalorgane. Da das Kind, Junge oder Mädchen, meist nur den Penis als genitales Organ kennt, besteht der Gegensatz der Geschlechter in dieser Zeit nur in dem Gegensatz "phallisch" oder "kastriert" (> Kastration). Diese Phase ist auch die Zeit des Kulminationspunktes des > Ödipuskomplexes.
Die Latenz (6. bis 12. Lebensjahr) hat gemäß der psychoanalytischen Theorie ihren Ursprung im Untergang des Ödipuskomplexes, die einhergeht mit einer Intensivierung der Verdrängung, die wiederum eine Amnesie der ersten Lebensjahre zur Folge hat. Diese Periode ist durch einen Stillstand in der Sexualentwicklung gekennzeichnet. Es besteht eine Verminderung der sexuellen Aktivitäten und eine Desexualisierung der Objektbeziehungen und Gefühle. Gleichzeitig treten vermehrt Scham, Ekel und moralische und ästhetische Bestrebungen auf.
Die Triebruhe der Latenzphase wird vom eigentlichen Beginn der menschlichen Sexualität in der Pubertät abgelöst.
Die psychoanalytische Theorie der Entwicklungsphasen der Libido und ihre Bedeutung für die Entstehung der psychischen Struktur ist von C. G. Jung und der Analytischen Psychologie in ihrer Ausschließlichkeit von Anfang an nicht anerkannt worden und wird inzwischen auch innerhalb der Psychoanalyse weitgehend relativiert. Die Entwicklung der Sexualität wird heute nur als eine Entwicklungslinie neben vielen anderen betrachtet. Die Bezeichnungen oral, anal, phallisch etc. werden teilweise noch verwendet, etwa in der Darstellung der Psychogenese und Psychodynamik der psychischen Störungen, aber in einer wesentlich erweiterten Form. So bezieht sich z. B. der Begriff der Oralität nicht mehr nur auf die Befriedigung oraler Lustbedürfnisse, sondern auch auf Bedürfnisse nach Geborgenheit, Hautkontakt, Wärme, Nähe, Sicherheit.
Literatur: Mertens, W. (Hrsg.) (1993): Schlüsselbegriffe der Psychoanalyse.
Autor: H. Obleser