Hoffnung: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr
Keyword: Hoffnung
Links: > Emotion > Freude > Libido
Definition: Hoffnungen, Erwartungen, Sehnsüchte, Vertrauen verbinden mit der Zukunft, lassen diese erstrebenswerter oder weniger erstrebenswert erscheinen. Wenn gehofft wird, so wird gefühlt, gedacht und gehandelt, als ob das, was ansteht, zu bewältigen ist und zu einem guten Ende führen wird. Dieser emotionale Untergrund trägt und motiviert das Leben.
Information: Hoffnung wird verstanden als die > Emotion, die den Menschen sich einem Licht zuwenden lässt, das noch nicht sichtbar ist; als positiver Erwartungsaffekt, aus dem Vertrauen auf eine Wendung in der Zukunft, die noch nicht sichtbar ist, die aber als glückhaft erscheint; die erlaubt, das UN-mögliche zu denken und zu erwarten anstelle des Gewohnten; die dazu bringt, entschieden nein zu sagen zu einem aktuellen Zustand, weil ein besserer Zustand fantasiert werden kann. Es gibt in Bezug auf die Zukunft also nicht nur die Emotion > Angst, sondern auch die Hoffnung. Es ist erlebensmäßig schwierig zu sagen, was Hoffnung wirklich ist: Erst wenn sie ganz und gar abhandenzukommen droht, dann spürt man, dass doch immer noch etwas trägt, es immer noch eine vorstellungslose Hoffnung auf eine Verbesserung hin gibt, ein Vertrauen darauf, dass sich etwas verändern wird, zum Besseren hin, wider besseren Wissens. Dabei ist es bei vielen Menschen nicht mehr wie früher die Jenseitshoffnung, die trägt, sondern eine fast unmerkliche existenzielle Grundgestimmtheit. Die Hoffnung wird deshalb auch gesehen als Begleitemotion des Lebenstriebes (> Libido), des Bedürfnisses, sich das Leben zu erhalten und sich zu entwickeln bis man stirbt. Wartet man allerdings passiv, hofft, dass irgendetwas Wunderbares geschieht, dass sich die Probleme von selber lösen, so ist das keine Hoffnung, sondern eine Verfallsform der Hoffnung, wie sie die französischen Existenzialisten (vgl. Camus, Sartre) angeprangert haben: Hoffnung als billige Flucht vor dem Jetzt und Hier in eine illusionäre Zukunft. Man hofft auf etwas, statt dass man tatkräftig sich für eine Veränderung einsetzt. Dabei handelt es sich streng genommen nicht um Hoffnung, sondern um eine Erwartung.
Erwartung und Hoffnung sind Emotionen, die auf die Zukunft hin ausgerichtet sind: die Hoffnung im engeren Sinn als bildloses Vertrauen auf das Bessere hin, als zuversichtliche Erwartung des Besseren; die Erwartung im engeren Sinn bestimmter, geprägt von den Wünschen und Sehnsüchten, aber auch den Utopien darüber, was denn das Leben zu einem gelingenden, guten Leben machen soll. Und dann gibt es auch die ängstlichen Erwartungen, die Befürchtungen, die der Hoffnung entgegenstehen. Die Erwartung zeigt sich in den Fantasien. Auch die Erwartung ist auf die Zukunft gerichtet. Während sich aber die Hoffnung klar auf das Bessere hin ausrichtet, so ist die Erwartung in dieser Hinsicht indifferent: man kann etwas Freudiges erwarten, aber auch etwas Unangenehmes, etwas Unerfreuliches, oder etwas, was einen emotional kaum berührt, ziemlich gleichgültig ist. Erwartung ist gespanntes Warten, in der Hoffnung liegt ein viel größerer Spielraum. Das Erwartete ist bereits bestimmt vorgestellt, in der Erwartung ist man fixiert auf das Erwartete, für alles andere ist man nicht mehr verfügbar, und deshalb auch enttäusch-bar, werden die Erwartungen nicht erfüllt. Man ist eigentlich auch nicht mehr kreativ, in der Hoffnung hingegen ist man offen für das, was die Zukunft an Unerwartetem bringt, ist viel bereiter für verschiedene Optionen, Einfälle, Richtungen, die das Leben nehmen kann. Die Hoffnung gehört zu den so genannten gehobenen Gefühlen: Es geht um das emotionale Feld von Freude, Inspiration, Hoffnung. Der archetypische Hintergrund zu den gehobenen Emotionen ist im Mythologem, als die von der Geburt des göttlichen Kindes, verbunden mit dem schützenden Mutterraum, der Geborgenheit gibt, bedroht von den Dämonen, zu sehen. Mehr als bei der Freude, die zu pflegen eine Möglichkeit ist, ein hoffnungsvollerer Mensch zu werden, geht es bei der Emotion Hoffnung darum, dass dieses Kind, trotz aller Dämonen, immer wieder geboren wird, dass immer wieder etwas neu wird, von dem man sich eine Besserung verspricht.
Literatur: Bloch, E. (1959): Das Prinzip Hoffnung; Kast, V. (1991): Freude, Inspiration, Hoffnung; Kast, V. (2001): Aufbrechen und Vertrauen finden. Die kreative Kraft der Hoffnung; Marcel, G. (1992): Hoffnung in einer zerbrochenen Welt.
Autor: V. Kast