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Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr
Keyword: Kausalität
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Definition: Der Begriff Kausalität (lat. causa: Ursache, Grund) ist philosophiegeschichtlich auf Aristoteles zurückführbar, der vier Kategorien von Ursachen (meist lateinisch als causa formalis, materialis, efficiens, finalis bezeichnet) unterscheidet. Mythisch-vorwissenschaftlich wird Kausalität auf die instrumentelle Wirkursache eingeengt, die dingfest zu machen und ggf. auszuschalten ist, z. B. der Erreger einer Infektionskrankheit oder ein Entzündungsherd als "Ursache" eines Krankheitszustandes. Ohne nähere Bestimmung meint Kausalität stets Kausalität aus Ursachen (Natur-Kausalität), im übertragenen Sinn kann aber auch von Kausalität aus bestimmten Gründen heraus gesprochen werden (intentionale, Handlungs- oder Freiheits-Kausalität). Begrifflich korrekter spricht die gegenwärtige Philosophie nicht mehr von "Ursachen", die beobachtbar oder beeinflussbar sind, sondern von kausalen Netzen oder "INUS-Bedingungen" (insufficient but necessary part of an unnecessary but sufficient complex).
Information: Die aristotelische Vier-Ursachenlehre kann am Beispiel eines Schmerzmittels erklärt werden, das zunächst als Wirkursache (causa efficiens) eingesetzt wird: Dieses Mittel wirkt nur in so weit, als der Mensch es verträgt und nicht Magenblutungen oder andere unerwünschte Wirkungen bekommt. Diese "passive", im Menschen liegende Ursache nennt die philosophische Tradition im Anschluss an Aristoteles causa materialis. Weder die Wirkursache Schmerzmittel noch die Materialursache Mensch führen zu einer Wirkung, verfügt nicht der Körper des Kranken über eine innere Heilungskraft. Dieser innere Heiler (> Heilen/Heilung) kann mit Aristoteles causa formalis genannt werden, weil er mit der lebendigen Form des Körpers gegeben ist. Als vierte Ursache muss jedoch die causa finalis hinzukommen. Aristoteles nennt diese Zielursache "das Worumwillen".
C. G. Jung hat dem finalen Gesichtspunkt (> Finalität) eine große Bedeutung beigemessen, z. B. in seinem Neurosenverständnis und in seiner Ablehnung einer "mechanistischen" Auffassung von der seelischen Energie. So genannte Ursachen und Wirkungen werden in der Medizin durch die Wirksamkeit des angelegten therapeutischen "Hebels" unterschieden. Für die gängige Vorstellung von Kausalität im psychotherapeutischen Bereich ist die häufig unreflektierte Vermischung des physikalistischen Sprachspiels Natur-Kausalität mit dem mentalistischen der Handlungs-Kausalität charakteristisch. Auch wenn man unter dem Einfluss der Kausalmythologie weiterhin von "der" Ursache spricht, so schreibt man dieser faktisch keine absolute kausale Potenz zu, sondern man vergleicht sie (oft implizit) mit anderen Einflussgrößen. In der Geschichte der Psychotherapie hat der Kausalmythos oft zu einem Entweder - Oder geführt, z. B. von Trauma (> Trauma/Traumatisierung und > Konflikt, von > Psychogenese und organischen Faktoren. Bereits Freud spricht von "Ergänzungsreihen", um auf konkurrierende, sich jedoch nicht ausschließende "Ursachen" hinzuweisen. Die Problematik des mythisch-uni-kausalen Denkens ist letztlich nicht empirisch zu lösen, also nicht durch "Entdeckung" neuer "Ursachen", z. B. durch neue Erkenntnisse der psychotraumatologischen Forschung. Innerhalb eines mythischen Kausalmodells, das "Ursachen" wie Dämonen behandelt, die es auszutreiben gilt, ist nichts anderes möglich als eine jeweils neue > Projektion von Ursächlichkeit. Erst die Erhellung des Kausalmythos als solchen lässt Betroffene, Forscher und Therapeuten die > Komplexität der Bedingungsgefüge erahnen, in denen sie sich handelnd und erkennend bewegen.
Literatur: Frick, E. (1993): Wer ist schuld?
Autor: E. Frick