Schizoide Persönlichkeitsstörung: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr

Keyword: Schizoide Persönlichkeitsstörung

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Definition: (schizoid zusammengesetzt aus griech. „schizein“: spalten und „–oiedes“: ähnlich). Klinisch zeichnet sich die schizoide Persönlichkeit durch ein Einzelgängertum aus, das in hohem Maße verschlossen, distanziert und gefühlsarm wirkt. Die zugrundeliegende Kontaktstörung äußert sich in einer misstrauischen Grundhaltung, die auf die Vermeidung von Beziehungen zielt. Intimität und Sexualität werden oft als Bedrohung erlebt, entsprechende Beziehungsanforderungen und insbesondere Schwellensituation führen zu depressiven und somatoformen Symptombildungen. Kompensatorisch tritt meist eine intellektualisierende und rationalisierende Beschäftigung mit abstrakten Inhalten an die Stelle sozialer Kontakte. Zwar gelingt es Menschen mit einer schizoiden Persönlichkeit nicht selten, sich gesellschaftlichen Formen korrekt anzupassen, jedoch wird eine engere emotionale Beziehungsaufnahme vermieden und die Kontakte verbleiben an der Oberfläche oder werden über abstrakte und formelle Themen nüchtern gestaltet.

Ätiologisch werden frühe Traumatisierungen durch Ablehnung, fehlende Spiegelung, eigene Krankheiten oder Erkrankungen im Umfeld und Entwurzelungserfahrungen angeführt, die zu einer Störung des frühen Sicherheits- und Bindungsbedürfnisses führen. Die Begriffsbildung „schizoid“ stammt aus der anfangs vermuteten Nähe dieser Persönlichkeitsentwicklung zur > Schizophrenie aufgrund der klinisch ähnlichen Tendenzen zu Rückzug und Isolation. Jedoch bestehen nach heutiger Auffassung weder engeren Bezüge in der Genese der beiden Störungen, noch bedeutet die schizoide Persönlichkeit ein erhöhtes Risiko für eine psychotische Entwicklung.

Strukturell handelt es sich um eine Persönlichkeitsstörung auf niederem Niveau, das als stabiles Pendant zur emotional instabilen Borderline-Persönlichkeit angesehen wird. Unter psychodynamischen Gesichtspunkten fehlt jedoch Im Unterschied zu dieser die charakteristische Labilität des Ichs. Es handelt sich vielmehr um einen Nähe-Distanz-Konflikt, in dem die Grenzen zwischen Selbst und Objekt nur schwer aufrecht erhalten werden können und das Eingehen von Beziehungen der Bedrohung durch einen Ich-Verlust gleichkommt. Gleichzeitig bestehen aber eine tiefe Sehnsucht nach Nähe und auch eine Fähigkeit zu Bindung, die jedoch durch die Grundhaltung, den Anderen als feindselig zu fantasieren, antagonisiert werden. Dieses psychodynamische Muster wird daher auch als schizoide Ambitendenz bezeichnet. Vorherrschende Abwehrmechanismen, die die Dynamik bestimmen und den daraus resultierenden sozialen Rückzug gestalten sind Spaltung, Projektion und Reaktionsbildung.

Eine der lebendigsten Beschreibungen des schizoiden Typus stammt von Fritz Riemann, der diesen bildhaft der Rotationskraft der Erde zuordnet, die um sich selbst kreisend andere Aspekte der Welt ausschließt und letztlich auf einer Angst vor Selbsthingabe beruht.

Literatur: Riemann, F.: Grundformen der Angst (1991); Häfner, H. (2000): Das Rätsel Schizophrenie; Ribi, A. (1993): Jungs Auffassung von der Schizophrenie.

Autor: K. Rößler