Selbst, primäres/Körperselbst: Unterschied zwischen den Versionen
de>Anlumue K (1 Version importiert) |
Lutz (Diskussion | Beiträge) K (1 Version importiert) |
(kein Unterschied)
|
Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr
+Selbst, primäres / Körperselbst
Keyword: Selbst, primäres / Körperselbst
Links: > Bewusstseinsentwicklung: Kindliche Phasen > Entwicklungspsychologie > Filialisierung des Ich > Ich-selbst-Achse > Säuglingsforschung > Selbst > Selbstrepräsentanz > Zentroversion
Definition: E. Neumann und M. Fordham setzen sich in ihren entwicklungspychologischen (> Entwicklungspsychologie) Konzepten mit der Bedeutung des > Selbst in der Entwicklung des Kindes auseinander. Fordham gelangt über die Auseinandersetzung mit C. G. Jungs Selbstbegriff, mit M. Klein und mit den Vorstellungen des primären Narzissmus zum Begriff des primären Selbst. Unter diesem primären Selbst versteht er die psychophysische oder psychosomatische Einheit und Ganzheit des Säuglings und unterscheidet davon den zentralen dirigierenden Archetyp. Fordham beschreibt die Situation des Säuglings in der frühen Lebensphse als self-contained (in sich selber enthalten) und als self-centered (um sich selber kreisend) und als integrate (primär ganzheitlich). Damit ist das primäre Selbst dem Zustand des primären > Narzissmus vergleichbar. Wird diese primäre psychophysische Ganzheit - d. h. das primäre Selbst - gestört, etwa durch Hunger oder andere Bedürfnisse und Spannungszustände, findet eine De-Integration (> vgl. De(s) integration]]) statt, das Kind erlebt ein böses Objekt. Die darauf folgenden Akte beispielsweise der Mutter als gutem Objekt, indem sie das Kind füttert, führen zu einer Re-Integration, die wieder ganzheitliches Sein des Kindes ermöglicht (> Integration).
Information: Die Entwicklung des Kindes beginnt für Neumann in einem gemeinsamen psychischen Feld von Mutter und Kind, das er > Einheitswirklichkeit nennt und deshalb kann das Kind für ihn nicht self-centered und self-contained sein. Neumann wählt den Begriff der Einheitswirklichkeit, auch Dyade und > Urbeziehung, um zu verdeutlichen, dass die spezifische Anfangs- und Ausgangs-Situation des menschlichen individuellen Lebens eine ganzheitliche, polare Situation der Bezogenheit und der Individualität zugleich ist. Das Kind ist als physisch-psychischer, sowohl genetisch bedingter, kollektiver wie individueller Gesamtorganismus - Neumann spricht vom Körper-Selbst - ein Pol (> Polarität) dieses Feldes der Einheitswirklichkeit. Der andere Pol ist die Du-Welt, die von der Mutter repräsentiert wird. Das Körperselbst dirigiert die Bedürfnisse und Entwicklungen des Kindes (> Automorphismus > Zentroversion), wobei die Mutter in die vitalen Bedürfnisse des Kindes und die psychophysische Organisation, also in das Körperselbst eingebunden ist. Neumann sieht deshalb die Urbeziehung als - vielleicht einzige - Beziehung, in der sich die automorphistischen Tendenzen, also die Tendenzen zur Selbstgestaltung und Selbstentfaltung nicht in konträrer Spannung zum Du befinden (vgl. Neumann, 1963, S. 15). Die Mutter der Urbeziehung ist zugleich Du-Welt und Vertreterin des Selbst des Kindes.
Neumann differenziert den Selbstbegriff in die Ganzheit der Persönlichkeit und in das Selbst als dem dirigierenden Zentrum der Ganzheit. Dieses dirigierende Selbst resultiert aus der in der Ganzheit angelegten, archetypisch gegebenen Tendenz zur > Zentroversion. Ganzheit und dirigierendes Selbst gehen der Bildung und Entwicklung des Ich zum Bewusstseinszentrum voraus. Die Zentroversion zielt aber dann darauf weitere psychische Zentren zu bilden. Sie drängt sozusagen auch dazu, dass sich das Selbst im Ich filialisiert (> Filialisierung des Ich).
Keine
Literatur: Fordham, M. (1948): Vom Seelenleben des Kindes; Fordham, M. (1974): Das Kind als Individuum; Neumann, E. (1963]]): Das Kind.
Autor: A. Müller