Heilen /Heilung

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Keyword: Heilen / Heilung

Links: > Analyse > Beziehung, therapeutische > Eros-Prinzip > Ganzheit > Heiler, verwundeter > Psychotherapie, analytische

Definition:Heilung ist ein Prozess der > [[Ganzwerdung, der Körper, Geist und Seele, die Lebenszusammenhänge des Individuums sowie gesellschaftliche und ökologische Faktoren umfasst und numinose Qualität (> Numinoses) besitzt. Es geht um]] > [[Integration abgespaltener psychischer Anteile, Annäherung von > [[Bewusstsein und > Unbewusstem, Reifung zur > [[Ganzheit auf dem Weg der > Individuation, um geheilte > [[Beziehungen zwischen Menschen untereinander und zwischen ihnen und den Mitlebewesen. Die spirituelle Dimension von Heilen als Ganzwerdung wird durch den etymologischen Zusammenhang von "heil", "heilig", "whole", "holy" deutlich. Information:Auch C. G. Jung betont: "Das Problem der Heilung ist ein religiöses Problem. " (Jung, GW 11, § 523]]) Voraussetzung für Heilen ist nach Auffassung der > Analytischen Psychologie die Auseinandersetzung mit dem > Unbewussten: "Der Abstieg in die Tiefe führt zur Heilung. Er ist der Weg zum ganzen Sein, zum Schatz, den die leidende Menschheit dauernd sucht.. " (Jung, GW 18/1 § 270) Die Psyche ist nach Jung ein selbstregulierendes System (> Selbstregulation) und das Unbewusste die Quelle, aus der die Impulse zur Integration der > [[Gegensätze und > [[Ganzwerdung kommen (> Funktion, transzendente). Es geht um das Erreichen von Vollständigkeit, nicht von Vollkommenheit. Heilen bedeutet nicht in erster Linie die Beseitigung von physischen oder psychischen Symptomen. Krankheit und > [[Neurose sind nicht nur zu bekämpfende Störfaktoren, sondern können auch sinnvolle Hinweise auf not-wendige Veränderungen innerer Einstellungen und äußerer Gegebenheiten darstellen (> Finalität). "Man sollte nicht suchen, wie man die Neurose erledigen kann, sondern man sollte in Erfahrung bringen, was sie meint, was sie lehrt und was ihr Sinn und Zweck ist. Ja, man sollte lernen, ihr dankbar zu werden, sonst hat man sie verpasst und damit die Möglichkeit verloren, mit dem, was man wirklich ist, bekannt zu werden. Eine Neurose ist dann wirklich "erledigt", wenn sie das falsch eingestellte Ich erledigt hat. Nicht sie wird geheilt, sondern sie heilt uns. Der Mensch ist krank, die Krankheit aber ist der Versuch der Natur, ihn zu hellen. Wir können also aus der Krankheit selber sehr viel für unsere Gesundung lernen, und was dem Neurotiker als absolut verwerflich erscheint, darin liegt das wahre Gold, das wir sonst nirgends gefunden haben. " (Jung, zit. nach Jacoby 1971 b]])

Heilen kann nicht "gemacht" werden. Das Heilende wird dem Patienten nicht aufgenötigt, sondern sollte "aus ihm natürlich wachsen". (Jung, Jaffé, 1962, S. 137]]) Der entscheidende Heilfaktor ist nicht die therapeutische Methode, von besonderer Bedeutung ist vielmehr die therapeutische Beziehung (> Beziehung, therapeutische) und auch die Persönlichkeit der Therapeutin, des Therapeuten. Sie können den Heilungsprozess nur so weit fördern und begleiten, wie sie selbst ihre eigenen Verletzungen bearbeitet haben (> Heiler, verwundeter). Weiter sind es vor allem die Haltungen der > Akzeptanz, > [[Empathie und Wertschätzung, des liebevollen, schützenden "Holding", der Fürsorglichkeit und Anteilnahme (> Eros-Prinzip in der Psychotherapie), die die Patientinnen und Patienten mit dem Archetyp des inneren Heilers in Kontakt bringen und die Selbstheilungskräfte aktivieren. Als]] > vas hermetis ermöglicht der therapeutische Raum eine tiefe Begegnung zweier Menschen und wird zu einem > [[temenos, einem geheiligten Bezirk. "Die tiefe Seelen- und Wesensberührung, die in einem analytischen Prozess geschehen kann, die Erfahrung der Geborgenheit im therapeutischen Raum, das Vertrauen, die ganze Wahrheit der eigenen Person einem anderen Menschen mitteilen zu können und einen Weg gemeinsam zu gehen, der zur Entdeckung der eigenen Kraftfelder und heilenden Mitte führt, hat eine numinose Qualität. " (Wirtz, Zöbeli, 1995, S. 335]]) Therapie ist ein Ort, an dem sich der Archetyp der > [[Liebe (> Eros-Prinzip > Eros-Prinzip in der therapeutischen Beziehung) konstellieren und seine heilenden Kräfte entfalten kann. Auch S. Freud führt das Zustandekommen von Heilungsprozessen auf die Liebe zurück. In einem Brief an Jung schreibt er: "Es ist eigentlich eine Heilung durch Liebe." (McGuire, W. Sauerländer (Hrsg.]]), 1974, S. 13]]) Freud meint die Übertragungsliebe der Patientinnen und Patienten, doch auch für die Therapeutin, den Therapeuten gilt umgekehrt S. Ferenczis Aussage "Ohne Sympathie keine Heilung" (Ferenczi, 1988]]).

Die gesellschaftspolitische Dimension von Heilen wird vor allem in der feministischen Therapie betont. Sie versteht Leiden nicht nur als individuelle Störung, sondern als Ausdruck krankmachender patriarchaler Verhältnisse (> Feminismus > Patriarchat). Für Frauen geht es im Bereich von Gesundheit und Heilen auch darum, zum vergessenen und abgewerteten weiblichen Heilwissen wieder Zugang zu gewinnen und zu einem authentischen Selbstverständnis zu finden. Heilen ist letztlich das Annehmen-Können des Lebens als]] > Ganzheit, mit seinen Licht- und Schattenseiten. "Heilen bedeutet eine Umarmung dessen, was am meisten gefürchtet wird.. Heilen bedeutet lernen, dem Leben zu vertrauen." (Achterberg, 1993, S. 274) Es geht dabei um eine]] > [[Ganzheit, an die sich der Mensch im lebenslangen Wachstumsprozess der Individuation immer nur annähern kann.

Literatur:Achterberg, J. (1993]]): Die Frau als Heilerin; Dorst, B. (1994]]): Frauengemäße Psychotherapie; Levine, St. (1997]]): Sein lassen; Wirtz, U., Zöbeli, J. (1995]]): Hunger nach Sinn.

Autor:C. Neuen