Taoismus
Keyword: Taoismus
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Definition: Unter Taoismus wird die Lehre Lao-tses vom Tao (chin.: Gott, Weg, Vernunft, Wort, Logos, Sinn, das All-Eine, das Ewig Eine, Unvergängliche, Allgegenwärtige) - die Bedeutung des Begriffs ist in einem Wort nicht fassbar - verstanden: "Der Osten gründet sein Denken und seine Bewertung der Tatsachen auf einem anderen Prinzip. Wir kennen nicht einmal ein Wort für dieses Prinzip. Der Osten hat natürlich ein Wort dafür, aber wir verstehen es nicht. Das östliche Wort ist Tao." (Jung, GW 18/1, § 142]])
Information:Unter dem Begriff Taoismus (pinyin: Daoismus) versammelt sich heute eine Vielzahl seriöser und unseriöser Übersetzungen, Interpretationen und Weiterentwicklungen einer altchinesischen Weltanschauung. "Der Daoismus bietet in Zeiten weltanschaulischer und religiöser Verunsicherung eine für moderne Menschen akzeptable Weltinterpretation an." (Walf, 1999). Die Sinologie hat sich in den letzten dreißig Jahren verstärkt mit dieser Variante chinesischer Lebensauffassung beschäftigt und mit ihren Rezeptionen maßgeblich zu dem beigetragen, was P. Sloterdijk (Sloterdijk, 1989) so treffend den Eurotaoismus bezeichnet. "Heute können wir drei Arten von daoistischen Interpretationsschulen untersscheiden. Bei der ersten handelt es sich um die intellektuellen Daoisten. Zweitens gibt es die daoistischen Kleriker, drittens gibt es die örtlichen Gemeinden, in deren Mittelpunkt Tempel und Riten stehen." (Weller, 1999). Ausgangspunkt nahezu jeden Versuchs, sich dem Taoismus intellektuell zu nähern, ist die Betrachtung des Begriffs Tao selbst: "Für Taoisten ist das Tao das höchste Letzte, das sogar jenseits von Einheit und Einssein liegt. Es lässt sich sprachlich nicht erfassen." (Palmer, 1994).
So oder ähnlich warnen alle diejenigen, die den Versuch einer Begriffsbestimmung unternehmen und C. G. Jung befindet sich mit seinen Annäherungen in bester philosophischer und literarischer Tradition (Bloch, Jaspers, Brecht, Hesse). Seine Umschreibung des Tao als "Methode und als metaphysischer Begriff" wirkt sehr modern und kommt dem sehr nahe, was heutige Kenner des Gebiets meinen, wenn sie versuchen, das Tao als "Muster oder Anleitung" (Möller, 2001) zu fassen. Besonders inspiriert wird Jung durch die Beschäftigung mit dem I-Ging Orakel und er entdeckt in seinen Rezeptionen zeitgenössischer Übersetzungen taoistischer Texte Parallelen v. a zu seinen Konzepten der > Synchronizität, von > Anima/Animus aber auch zu Aspekten seiner grundlegenden Persönlichkeitstheorie. So findet er in der taoistischen Überlieferung auch seine Idee der autonomen Teilpsychen und Archetypen sowie die Auffassung der Götterwelt als psychologischem Ausdruck eben dieser Teilpsychen bestätigt. Ohne dass Jung ausdrücklich darauf Bezug genommen hätte, finden sich aber auch in seinem Konzept des > [[Selbst und der Selbstorganisation durchaus Parallelen zum chinesischen Begriff des Tao. "Ich habe vom Osten gelernt, was er mit Wu Wei ausdrückt, nämlich, das Nicht-Tun (nicht Nichtstun]), das Lassen. Auch andere haben das erkannt, so Meister Eckhardt, wenn er davon spricht, sich zu lassen." (Jung, Jacobi, 1971, S. 319) Für den praktischen therapeutischen Weg wie für die > Individuation hat dies Konsequenzen, denn die östliche Haltung vollzieht nicht die imitatio (Jung, GW 12, § 7), ordnet sich nicht einer überlegenen Person oder einer überlegenen Lehre unter: "der östliche Mensch weiß, dass die Erlösung auf dem Werk beruht, das einer an sich selbst tut. Aus dem Einzelnen erwächst das ganze Tao." (Jung, GW 13, § 80) Zugleich betont Jung aber auch immer wieder, dass der westliche Mensch nicht den Weg des Ostens imitieren kann. Er kann nur eine neue Sichtweise hinzunehmen.
Literatur:Möller, H.-G. (2001]]): In der Mitte des Kreises; Palmer, M. (1994): Taoismus; Wilhelm, R. (1931]]): Tao Te King
Autor: R. T. Vogel