Ich-Funktionen: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr

Keyword: Ich-Funktionen

Links: > Abwehr > Abwehrmechanismen > Ich/Ich-Bewusstsein > Ich-Selbst-Achse > Orientierungsfunktionen

Definition: Unter Ich-Funktionen werden im analytischen Sprachgebrauch psychische Funktionen wie Wahrnehmen, Denken, Fühlen, Fantasieren, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Motorik, Handlungen, Orientierungsfähigkeit, Realitätsprüfung, Affektkontrolle, Willens- Entscheidungs- und Abwehrleistungen verstanden, von denen angenommen wird, dass sie im besonderen Maße dem Ich-Bewusstsein (> Ich/Ich-Bewusstsein) zur Verfügung stünden. Auch soll das Ich mit seinen Funktionen zwischen den oft widerstrebenden Bedürfnissen des Organismus (> Überich > Es) und der Außenwelt vermitteln.

Information: Inzwischen ist durch die Hirnforschung belegt worden, dass es sich bei dieser Vorstellung von Ich-Funktionen vermutlich um nicht adäquate Zuschreibungen und Konstrukte handelt. Ein Ich als relativ autonom handelnde Größe und Instanz, die die anderen Instanzen der Persönlichkeit überwachen könnte, gibt es nicht. Es reagiert immer der Organismus in seiner Gesamtheit (> Selbst), in seinem Wechselspiel aus unbewussten und bewussten Einflussgrößen, die sich "wie ein Orchester ohne Dirigent, über wechselseitigen Signalaustausch selbst zu einer konzertierten Aktivität organisieren" (vgl. Deneke, 1999, S. 29). Das Ich-Erleben spielt in diesem gesamtheitlichen Prozess als Bedingung des Bewusstseins und der Identität eine wichtige Rolle, ist aber nicht der Urheber oder Organisator der psychischen Leistungen (> Ich/Ich-Bewusstsein > Ich-Komplex). Damit wird natürlich auch die gelegentlich anzutreffende Auffassung des Selbst als Organisator fragwürdig - wenn dieses Selbst als dirigierendes Teilsystem oder Zentrum der Persönlichkeit und nicht als die Gesamtheit des Organismus und seinen selbstregulativen Prozesse verstanden wird. Auch das Konstrukt der > [[Ich-Selbst-Achse muss unter dieser Perspektive neu überdacht werden. Die dem Ich zugeschriebenen "Ich-Funktionen" werden besser einfach als psychische Funktionen bezeichnet, die dem Ich mehr oder weniger bewusst sein können.

keine Literatur: Deneke, F. W. (1999): Psychische Struktur und Gehirn: Die Gestaltung subjektiver Wirklichkeiten; Roth, G. (2001): Fühlen, Denken, Handeln.

Autor: L. Müller