Balint-Gruppenarbeit: Unterschied zwischen den Versionen
de>Anlumue Keine Bearbeitungszusammenfassung |
Lutz (Diskussion | Beiträge) K (1 Version importiert) |
(kein Unterschied)
|
Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr
Keyword: Balint-Gruppenarbeit
Links: > Intervision > Ethik, therapeutische > Krise > Qualitätssicherung in der Psychotherapie > Supervision > Übertragung/Gegenübertragung
Definition: Ein von Michael Balint (1895-1970) begründetes psychoanalytisches Supervisionsverfahren (> Supervision) in der Gruppe, in dem die Therapeut-Patient-Beziehung im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Die Balint-Gruppenarbeit bietet Angehörigen aller helfenden Berufe, wie Ärzten, Psychologen, Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten, Supervisoren, Krankenschwestern und Pflegern, Sozialarbeitern und Sozialpädagogen, (auch Pfarrern, Richtern, Lehrern usw.) Gelegenheit, konflikthafte oder traumatische berufliche Beziehungen zu Patienten oder Patienten in einer Gruppe von sechs bis zwölf Teilnehmern anzusprechen und durchzuarbeiten (> Übertragung/Gegenübertragung).
Information: Die, bei den Gruppenmitgliedern, ausgelösten Körperreaktionen, Gefühle, Bilder, Gedanken sowie Handlungen werden fallbezogen von dem Balintgruppenleiter oder dem Gruppenleiterpaar (Leiter und Co-Leiter) gedeutet (> Deutung). Als Spiegelphänomene des Problemfalles der Beziehung desjenigen Referenten zu seinem Patienten werden dessen aufscheinende Beziehungen zur Gruppe wie auch andere Konstellationen in der Gruppe verstanden. Unbewusste Beziehungsanteile werden so bewusst. Es wird eine komplexe Beziehungsdiagnose formuliert, die dem Referenten eine Erweiterung des Erlebens und Verhaltens zum Patienten und auch zu sich selbst ermöglicht, was als „patientenzentrierte Selbsterfahrung“ (Stucke, 1991, S. 16) beschrieben wird (Nedelmann, 1989; Roth, 1988).
Gegenwärtig bestimmen folgende Aspekte die Balint-G:
1. Training des Arztes, psychosomatische Zusammenhänge zu erkennen,
2. Entlastung des Arztes (Psychohygiene), und ein besseres Verständnis seiner Situation mit dem Patienten durch die Analyse der Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene sowie der Abwehrreaktionen des Arztes und,
3. die wissenschaftliche Erforschung der Arzt-Patient-Beziehung. (Otten, 2002, S. 61)
Die Methode der Balint-Gruppenarbeit hat sich in der analytischen und psychotherapeutischen Aus-, Weiter- und Fortbildung etabliert (Körner, 1993, S. 376). Es besteht eine inhaltliche Nähe zum kasuistisch-technischen Seminar und zu kontinuierlichen Fallseminaren (vgl. Kalsched, 1995 und Brookes, 1995).
Für die Anwendung des Erfahrungswissens der Analytischen Psychologie (> Analytische Psychologie) in der Balint-Gruppenarbeit gibt es noch ein offenes Betätigungsfeld. Erste Schritte wurden mit der Anwendung des Begriffes der „aktiven Imagination“ im Gruppenprozess versucht (Alder, 2000). In der Deutschen Balint Gesellschaft e. V. (Teil der Internationalen Balint-Gesellschaft, vgl. Salinsky, 1998) wird die Tradition von Michael Balint gepflegt und die Weiterentwicklung seiner Ideen gefördert. Dazu gehören als wesentlicher Bestandteil die Ausbildung von Balint-Gruppenleitern und die kontinuierliche Organisation von Balint-Studientagungen. Zugleich ist die Balint-Gruppenarbeit in verschiedenen Ausbildungsrichtlinien der Ärztekammern Deutschlands für die psychotherapeutische und analytische Aus-, Fort- und Weiterbildung integriert. Die Teilnahme an Balint-Gruppen ist obligat in der Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin, für Psychiatrie-Psychotherapie, für Psychotherapeutische Medizin und für den Fachkundenachweis der psychosomatischen Grundversorgung im ambulanten kassenärztlichen Bereich. Balint-Gruppenarbeit findet ebenfalls Anwendung in der Ausbildung von Medizinstudenten in den Bereichen Psychosomatik und Medizinische Psychologie. (Stubbe, 1996)
Literatur: Alder, S. (2000): Durch aktive und geleitete Imagination modifizierte Balint-Gruppenarbeit; Balint, M. (1964): Der Arzt, sein Patient und die Krankheit; Luban-Plozza, B., Otten, H., Petzold, U. & E. R. (Hrsg) (1998): Grundlagen der Balintarbeit; Nedelmann, C., Ferstl, H. (1989): Die Methode der Balintgruppe; Roth, J. K. (1984): Hilfe für Helfer: Balintgruppen; Balint, 1993).
Autor: S. Alder