Ethikleitlinien
Keyword: Ethikleitlinien
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Definition: Alle anerkannten psychotherapeutischen Berufs- und Fachgesellschaften haben Ethikleitlinien (> Ethik > Ethik, therapeutische) formuliert. Die folgenden Auszüge der Ethikleitlinien der Deutschen Gesellschaft für > Analytische Psychologie (DGAP) basieren auf denen des berufspolitischen Dachverbandes der psychoanalytischen Institute und Gesellschaften in Deutschland, der Deutschen Gesellschaft für Tiefenpsychologie, Psychotherapie und Psychosomatik (DGPT):
Information: „Zentraler Bestandteil psychoanalytischer Berufstätigkeit ist die Behandlung von Patienten mithilfe des psychoanalytischen Verfahrens. Die Elemente einer spezifisch psychoanalytischen Wahrnehmung und Haltung, insbesondere die Abstinenz, konstituieren und bewahren die analytische Situation und ermöglichen einen professionellen Umgang mit den vielfältigen Ausdrucksformen des Bewusstseins und des Unbewussten von Individuen und Gruppen. Grundlegend für die psychoanalytische Arbeit ist ein klar definierter und zuverlässig aufrechterhaltener äußerer Rahmen. Wegen des ganz persönlichen und intimen Charakters aller interaktiven Prozesse innerhalb der analytischen Situation sind die vorbewussten und unbewussten Abläufe der Übertragung und Gegenübertragung, des Widerstandes, der Regression und der Individuation empfindlich und störbar. Die Herstellung und Aufrechterhaltung des analytischen Prozesses erfordern deshalb Authentizität, Empathie, Integrität und Zuverlässigkeit des Psychoanalytikers. Es gehört zur psychoanalytischen Berufstätigkeit, dass die unbewusste Dynamik des therapeutischen Prozesses als Gegenübertragung in der Wahrnehmung, dem Denken, dem Fühlen, der Intuition und dem Handeln des Psychoanalytikers wirksam wird. Für die Sicherung professioneller Kompetenz ist es deshalb erforderlich, diese Zusammenhänge fortlaufend zu reflektieren. Zum Schutz der Würde und Integrität ihrer Patienten und zur Sicherung ihrer professionellen Kompetenz verpflichten sich die Psychoanalytiker in der DGAP auf die folgenden ethischen Grundsätze. Ihr Verhalten gegenüber Patienten, Kollegen, psychoanalytischen Institutionen, der psychoanalytischen Wissenschaft und der allgemeinen Öffentlichkeit wird von diesen Grundsätzen geleitet.
Allgemeine ethische Grundsätze
1. Die Arbeit des Psychoanalytikers ist gekennzeichnet durch eine ätiologisch orientierte Auseinandersetzung mit den unbewussten psychischen Konflikten, Komplexen, Strukturen und Potenzialen des Patienten / Analysanden. Sie zielt auf eine Heilung oder Besserung seiner psychisch-körperlichen Gesundheit, seiner Beziehungs-, Arbeits-, Liebes- und Genussfähigkeit und auf die Förderung, Entwicklung und Reifung seiner Persönlichkeit und seiner inneren Welt und ihres Beziehungsgefüges. Haltung und Verhalten des Psychoanalytikers stehen im Dienste dieses Prozesses. Dazu soll der Psychoanalytiker ein breites Spektrum an Verstehens- und Verhaltensmöglichkeiten innerlich zur Verfügung haben. Dies gilt sinngemäß auch für die gesamte Arbeit des Supervisors.
2. die analytische Beziehung ist ein wechselseitiges Übertragungs- und Gegenübertragungsgeschehen. Aus der Dynamik des Unbewussten entfalten sich Regressionen und Progressionen, Impulse und Wirkungen, die alle am analytischen Prozess Beteiligten erreichen. Es ist die Aufgabe des Psychoanalytikers, sie für die analytische Arbeit nutzbar zu halten. Dazu muss er die Grenzen des analytischen Raumes verlässlich und sicher herstellen und bewahren. Die Verantwortung dafür endet nicht mit der Beendigung der analytischen Arbeitsbeziehung.
Spezielle ethische Grundsätze
1. Der Psychoanalytiker achtet jederzeit die Würde und Integrität eines Patienten/Analysanden/Supervisanden.
2. Der Psychoanalytiker sichert den analytischen Prozess durch Abstinenz und Empathie. Seine Interventionen dienen dem Wohlergehen des Patienten/Analysanden/Supervisanden und er vermeidet, ihm zu schaden. Er setzt seine Autorität und professionelle Kompetenz niemals missbräuchlich dafür ein, durch den Patienten/Analysanden/Supervisanden oder dessen Familie Vorteile zu erzielen. Er nimmt keine sexuelle Beziehung zu Patienten/Analysanden/Supervisanden auf und vermeidet aggressives Agieren. Der Vertrauensschutz gilt auch über die Beendigung der analytischen Arbeitsbeziehung hinaus.
3. Der Psychoanalytiker informiert sich über die rechtlichen Bedingungen seiner Berufstätigkeit.
4. Er beachtet die Informations- und Aufklärungspflicht gegenüber seinen Patienten/Analysanden/Supervisanden unter wissenschaftlich-psychoanalytischen Gesichtspunkten. Dies gilt insbesondere für die Indikationsstellung und den Behandlungskontrakt.
5. Mitteilungen des Patienten/Analysanden/Supervisanden behandelt er vertraulich, auch über dessen Tod hinaus. Die Diskretions- und Schweigepflicht gilt auch für folgende Situationen: wissenschaftliche Veröffentlichungen; Supervisionen und kollegiale Beratungen; den vorsorglichen Datenschutz bei eventuell eintretender Berufsunfähigkeit oder Tod des Analytikers.
6. Der Psychoanalytiker achtet darauf, seine psychische Gesundheit und seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Er soll sich körperlich und psychisch nicht überfordern.
7. Der Psychoanalytiker ist zu Fortbildung und Intervision, bei Bedarf zu Supervision und gegebenenfalls zu weiterer persönlicher Analyse bereit.“
Literatur: Ethikleitlinien der DGAP, Stand 2002; Schlösser, A. -M., Höhfeld, K. (Hrsg.) (2000): Psychoanalyse als Beruf.
Autor: A. Müller