Opfer/Opfern

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Keyword: Opfer / Opfern

Links: > Kreativität, Phasen der > Libido > Selbst > Wandlung > Wiedergeburt

Definition: Opfer (lat. sacrificium: das, was geheiligt ist) bezeichnet in den Religionen (> Religion) die rituelle Darbringung (> Ritual/Ritus) einer lebenden oder unbelebten Gabe an eine Gottheit oder numinose Macht, wodurch eine Beziehung der Gegenseitigkeit zwischen dem Opfernden und dem Empfänger (Mensch, häufiger aber Gott/Götter oder Geist/ > Geister) begründet oder wiederherstellt wird. Das Opfer kommt in vielfältigen Formen (z. B. als Trankopfer, Brandopfer, Darbringung der ersten Früchte der Ernte oder Erstgeburt als Erstlingsopfer) in beinahe allen Religionen vor. Es tritt zumeist als eine regelmäßige Verpflichtung auf oder als Erwiderung auf ein Gebot oder eine Forderung, die oft den Grad der Abhängigkeit ausdrückt.

Information: C. G. Jung interpretiert in „Symbole der Wandlung“ (vgl. Jung, GW 5) den Opfervorgang als ein Aufgeben von bewusster > Libido, um in das Unbewusste (> Unbewusstes) (oft im Symbol der großen Mutter > Mutter, Große) einzutauchen und von dort neu geboren zu werden. (vgl. Jung, GW 5, § 613f) Im Opfern verzichtet das Ich-Bewusstsein (> Ich/Ich-Bewusstsein) auf Kontrolle, > Macht und seine alten Einstellungen zugunsten des Unbewussten, das wiederum auf diejenigen Gottheiten und deren Symbole projiziert ist, denen geopfert wird. Dadurch kann sich eine Libidowandlung im Unbewussten vollziehen, welche dem Menschen im Ritus meist nur indirekt bewusst wird, aber durch die er psychische Energie gewandelt zurück gewinnt (z. B. als erweiterte geistige oder religiöse Orientierung).

Das freiwillige Opfer von Christus (> Gottesbild > Religion) steht nach Jung beispielhaft für die Hingabe des ganzen Menschen, den Verzicht auf ein Ausleben der animalischen Triebe (> Instinkt) zugunsten des Ausrichtens der mentalen Funktionen auf ein geistiges Ziel hin. Es ist ein Selbstopfer, ein bewusstes Aufgeben der Ichhaftigkeit. Ein solches Selbstopfer ermöglicht die > Wiedergeburt, die als > Wandlung in der Mitte der Person, dem > Selbst, stattfindet. Opfern ist eine archetypische Möglichkeit der > Individuation, insofern sich der Mensch im Selbstopfern sowohl sich selbst aufgibt, wie auch sich selbst schafft und sich zurückgegeben wird.

Literatur:

Autor: J. Schlimme