Affektregulation
Keyword: Affektregulation
Links: > Abwehr > Abwehrmechanismus > Affekt > Affektualisierung > Emotion > Katharsis
Definition: Der Begriff der Affektregulation bezieht sich auf die innerpsychische Dimension des Affekterlebens, der Affektverarbeitung und der Affektsteuerung, jeweils auch in enger Beziehung zur Regulation der > Objektbeziehungen.
Information: Das Erleben und Regulieren von > Emotionen und > Affekten ist grundlegend für die gesunde psychische Entwicklung des Menschen. Der affektive Dialog, der Austausch von Affekten und deren Abstimmung aufeinander bilden die Basis der Identitätsbildung sowie tragender menschlicher Beziehungen. Nähe und Distanz werden beispielsweise durch Ausdruck von > Freude, > Trauer oder > Wut reguliert, indem durch Affektausdruck der Wunsch nach Veränderung oder Fortführung der Situation und Interaktion ausgedrückt wird (Krause, 1997). Die moderne Hirnforschung und Psychophysiologie beschreiben die zeitlich verschiedene Reifung der Affektsysteme auf der zentralnervösen und neurohumoralen Regulationsebene. Mit zunehmender Reife wird die affektive Entwicklung immer stärker an die kognitive Entwicklung angebunden und mit den mentalen Repräsentanzen verknüpft. (Krause, 1998, S. 56)
Psychoanalytisch betrachtet ist die Affektregulation eng mit dem Verständnis der Abwehrmechanismen (> Abwehrmechanismus) verbunden (z. B. > Affektisolierung > Intellektualisierung), denn die psychischen Inhalte werden aufgrund ihrer unangenehmen affektiven Aspekte (Angst, Scham, Schuld etc.) abgewehrt. Bei der projektiven Identifikation (> Identifikation, projektive) wird der Affekt im Gegenüber „untergebracht“ und dort möglicherweise bekämpft. Unter klinischen Gesichtspunkten ist vor allem bei Persönlichkeitsstörungen mit ichstrukturellen Defiziten, wie der emotional instabilen und > Borderline-Störung, die Steuerung und Regulation der Affekte massiv gestört. In der > Analytischen Psychologie werden > Komplexe als energetische Kraftfelder, als Knotenpunkte psychischer Kraft und Struktur verstanden (Seifert, 1981, S. 285) Therapeutische Arbeit bedeutet Arbeit am gefühlsbetonten Komplex (Jung, GW 8, § 594; vgl. auch Dieckmann, 1991; Kast, 1990). Mit der Lockerung der Abwehrmechanismen wird unbewusstes Material mobilisiert, das früher wegen nicht ausdrückbarer und unerträglicher Affekte verdrängt werden musste. Sie führt daher zum Erleben und Wiedererleben unerwünschter Affekte und erfordert nachzuholende Affektregulationen (> Katharsis.
Entsprechend den verschiedenen Komponenten des Affekts (vgl. > Affekt kann sich die Affektregulation im Rahmen der Psychotherapie ebenfalls auf verschiedenen Ebenen vollziehen: Durch motorische Expression (Bewegung und > [[Tanz – Nähe und Distanz symbolisierend), durch Plastizieren, > Bilder, automatisches Schreiben (> [[Automatismen, psychomotorische), ebenso durch Laut, Gebärde, Schrei, > Musik, > Imagination, > Visualisation, > Sandspiel, > Psychodrama, > [[Ritual und Sprache (Müller, Knoll, 1998). Im therapeutischen Prozess werden diese Möglichkeiten verschieden, ebenso wie auch die > Orientierungs-Funktionen des Patienten und seine Introversions- > Extraversions-Achse berücksichtigend, genutzt: „Die Prozedur stellt eine Art von Anreicherung und Verdeutlichung des Affekts dar, und dadurch nähert sich dieser mit seinen Inhalten dem Bewusstsein an [...] „. (Jung, GW 8, § 167-171). Ziel ist die Stärkung des > Ich gegenüber dem („autonomen“) Komplex. In diesem Wechsel-Prozess zwischen Öffnung gegenüber dem affektiven Zustand und wieder einsetzender Führung durch das Ich spielt sich nach C.G. Jung die Auseinandersetzung zwischen dem > Ich-Bewusstsein und dem > Unbewussten ab (Jung, GW 8, § 178, § 181).
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Literatur: Ahrens, S. (1997): Lehrbuch der psychotherapeutischen Medizin; Jacoby, M. (1998): Grundformen seelischer Austauschprozesse; Kast, V. (1990): Die Dynamik der Symbole; Krause, R. (1997): Allgemeine psychoanalytische Krankheitslehre.
Autor: B. Gramich