Fühlen/Fühlfunktion

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Keyword: Fühlen / Fühlfunktion

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Definition: Das Fühlen gehört zu den vier > Orientierungsfunktionen und ist nach C. G. Jung eine urteilende, bewertende und damit – wie das Denken – eine rationale Funktion (vgl. Jung, GW 6, § 803). Durch das Fühlen wird einem Inhalt ein bestimmter Wert im Sinne des Annehmens oder Zurückweisens erteilt. Auch von Vertretern der > Psychoanalyse wird heute die Rationalität des Fühlens bejaht, wobei Meier-Seethaler „Jungs Einschätzung des Gefühls als rationale Funktion für seine Zeit außerordentlich“ befindet (Meier-Seethaler, 1997, S. 305).

Information: Es wäre also ein Vorurteil, das Fühlen als etwas rein Subjektives und Irrationales anzusehen. Als differenzierte Orientierungsfunktion hat es das Potenzial zum Beurteilen von Menschen, Situationen oder sonstigen Gegebenheiten. Allerdings ist das Richtkriterium der Fühlfunktion ein anderes als das des Denkens. Vereinfacht gesagt unterscheidet die Fühlfunktion nach dem Bewertungsmaßstab von ‚angenehm oder unangenehm‘, nach einer ‚positiv oder negativ‘ einschätzenden Tönung. Sie untersucht, was dem Individuum zuträglich oder unzuträglich, lustvoll oder unlustvoll ist. Darüber hinaus vermittelt das Fühlen die Gestimmtheit des einzelnen sowie seine Beziehungen (> Beziehung) und Bezogenheit bis hin zum Eros (> Eros-Prinzip). In diesem Sinne ist sie eine „Funktion des Herzens“. Die Fühlfunktion, die oft eine bewusste Aktivität impliziert, ist zu unterscheiden von den Begriffen des Gefühls im Sinne von > Emotion bzw. > Affekt, bei denen das Ich-Bewusstsein eher durch die affektive Energie beherrscht wird und sie weniger kontrollieren kann. Doch ist eine differenzierte Fühlfunktion das Träger- und Steuerorgan für die Gefühle. Die Fühlfunktion fühlt gewissermaßen die Gefühle. (Franz, M. -L. v. Hillman, J., 1980) Während die extravertierte Fühlfunktion stärker von der äußeren Objektwelt abhängig und in ihren Wertungen oft durch kollektive Einflüsse geprägt ist, spielt sich das introvertierte Fühlen mehr im Binnenraum der Psyche ab und ist stärker von der subjektiven Befindlichkeit beeinflusst.

keine

Literatur: Adam, K.-U. (2000): Therapeutisches Arbeiten mit Träumen; Adam, K.-U. (2003): Therapeutisches Arbeiten mit dem Ich; Franz, M. -L. v. Hillman, J. (1980): Zur Typologie C. G. Jungs; Meier, C. A. (1986): Persönlichkeit; Siebenthal, W. von (1993): Denkmann und Fühlfrau.

Autor: K. -U. Adam