Physik

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Keyword: Physik

Links: > Archetyp > Chaostheorie > Erkenntnistheorie > Kausalität > Philosophie > Synchronizität > Unus mundus

Definition: Die Physik (griech. physikos: von der Natur geschaffen, in der Natur begründet) ist die Wissenschaft von den Naturvorgängen im Bereich der unbelebten Materie sowie von deren Eigenschaften, die der experimentellen Erforschung, der messenden Erfassung und mathematischen Darstellung zugänglich sind und allgemeingültigen Gesetzen unterliegen. Seit der antiken Naturphilosophie (> Philosophie) haben sich die Grundfragen und Ziele der Physik wenig geändert: Aus welchem Stoff besteht die Welt, und nach welchen Gesetzen bewegt sie sich? Wie können die Vorgänge in der Natur erfasst, beschrieben, geordnet und verstanden werden? Besonders im Mittelalter und bis ins 19. Jh. hinein ist die Physik von einem mechanistischen Weltbild ausgegangen, das zumindest teilweise statisch, begrenzt und vorhersagbar ist. Im 20. Jh. entwickelt sich unter dem Einfluss der Relativitätstheorie und der Quantentheorie ein radikal verändertes physikalisches Weltbild, das auch einzelne Physiker dazu führt, sich wieder philosophischen und religiösen Fragen (> Metaphysik > Philosophie) zuzuwenden.

Information: Eine von C. G. Jungs erkenntnistheoretischen Positionen ist, dass in der Psychologie jede Aussage dadurch begrenzt wird, dass es keinen archimedischen Standpunkt außerhalb der Psyche gibt. Jede Aussage über ein > Objekt ist zugleich eine Aussage über das, das Objekt erkennende > Subjekt (> Erkenntnistheorie). Während in den Anfängen der experimentellen Naturwissenschaft noch davon ausgegangen wird, man könne "objektive" Beobachtungen machen, wird dies in der modernen Physik verneint (Heisenbergsche Unschärferelation) und Jung fühlt sich dadurch in seiner erkenntnistheoretischen Position bestätigt. Ebenso ist Jung davon überzeugt, dass es keine richtige psychologische Theorie geben könne, wohl aber Änderungen der Perspektiven bzgl. eines Phänomens. Diesselbe Thematik findet er in der Physik etwa bei der Wellen- und Teilchenfrage der Lichtes angesprochen (dort natürlich auch den ganzen Bereich der > Polarität und Paradoxie (> Paradoxon/Paradoxie/Paradoxität).

Jung beschäftigt sich intensiv mit der modernen Physik und dem von ihr eingeläuteten Paradigmenwechsel, vor allem mit M. Planck, W. Heisenberg, W. Pauli. Mit Pauli steht er in einem sich wechselseitig befruchtenden Austausch (vgl. Jung, Pauli, 1992). Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist das gemeinsame Buch Naturerklärung und Psyche (Jung, Pauli, 1952), in dem Jung auch seine Theorie der > Synchronizität darstellt. (vgl. Jung, GW 8) Jung beschäftigt dabei besonders der Zusammenhang zwischen > Psyche und > Materie bzw. Welt. "Da Psyche und Materie in einer und derselben Welt enthalten sind, überdies miteinander in ständiger Berührung stehen und schließlich beide auf unanschaulichen transzendentalen Faktoren beruhen, so besteht nicht nur die Möglichkeit, sondern sogar auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass Materie und Psyche zwei verschiedene Aspekte einer und derselben Sache sind. " (Jung, GW 8, § 418) "Die tieferen "Schichten" der Psyche verlieren mit zunehmender Tiefe und Dunkelheit die individuelle Einzigartigkeit. Sie werden nach "unten", das heißt mit Annäherung der autonomen Funktionssysteme zunehmend kollektiver, um in der Stofflichkeit des Körpers, nämlich in den chemischen Körpern, universal zu werden und zugleich zu erlöschen. Der Kohlenstoff des Körpers ist überhaupt Kohlenstoff. "Zuunterst" ist daher Psyche überhaupt "Welt". (Jung, GW 9/1, § 291) 

Diese Einheit von Psyche und Welt versucht Jung in verschiedenen Konzepten zu fassen: in der Vorstellung des > Unus mundus, der Archetypen (> Archetyp) und ihres transgressiven Charakters (> Feld, psychisches), dem psychoiden Unbewussten (> Unbewusstes, psychoides) und in seiner Synchronizitätstheorie (> Synchronizität). Enge Zusammenhänge zwischen beiden Dimensionen sieht er auch in der > Zahl und in der > Zeit. Diese Gedankengänge werden insbesondere von E. Neumann und M. -L. von Franz weitergeführt.

Literatur: Franz, M. -L. v. (1988): Psyche und Materie; Jung, C. G., Pauli, W. (1952): Naturerklärung und Psyche; Jung, C. G., Pauli, W.: (1992): Ein Briefwechsel 1932 - 1958; Neumann, E. (1953 c): Die Psyche und die Wandlung der Wirklichkeitsebenen.

Autor: A. Müller