Projektion
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Definition: Unter Projektion (lat. proicere: vorwerfen) wird meist ein Abwehrmechanismus verstanden, bei dem persönliche psychische Aspekte in Personen, Gruppen, Dinge Situationen hinaus verlagert und hineingesehen werden. Oft handelt es sich dabei um unangenehme, nicht akzeptable oder bedrohliche Eigenschaften, Verhaltensweisen, Triebimpulse oder Gefühle, um Schattenseiten (> Schatten) der eigenen Person, die dann bei anderen Personen besonders deutlich wahrgenommen oder diesen zugeschrieben und dort abgelehnt oder bekämpft werden. Dadurch wird das eigene Selbstbild (> Selbstkonzept) stabilisiert. Manchmal werden auch positive Eigenschaften projiziert, besonders dann, wenn der Betreffende unter einer ausgeprägten Selbstwertproblematik leidet. Je weniger tatsächlich wahrgenommene Eigenschaften anderer Personen der Projektion zugrunde liegen, desto mehr nähert sich die Projektion einem > Wahn, wobei der Realitätsbezug (> Realitätsprüfung) verloren geht. Beispiel: Ein sehr gläubiger und sexuell enthaltsam lebender Mensch, der sexuelle Wünsche bei sich selbst wegen deren Konflikthaftigkeit nicht wahrnehmen darf, sieht andere sexuell attraktive und aktive Menschen als "triebhafte, gefährliche Tiere" an.
Information: In der Analytischen Psychologie spielt die Projektion noch unter einem anderen Gesichtspunkt eine wichtige Rolle, nämlich als Ausdruck einer primären Unbewusstheit, einer archaischen > Identität (> Weltsicht, archaische > Participation Mystique) von Subjekt und Objekt, bei der einfach vorausgesetzt wird, dass die Welt so ist, wie man sie erlebt. "Ebenso wie man geneigt ist anzunehmen, dass die Weit so ist, wie wir sie sehen, so nimmt man auch naiverweise an, dass die Menschen so seien, wie wir sie uns vorstellen. Leider existiert in diesem letzteren Fall noch keine Physik, welche das Missverhältnis zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit nachweist. Obgleich die Möglichkeit grober Täuschung um ein Vielfaches größer ist als bei der Sinneswahrnehmung, so projizieren wir doch ungescheut und naiv unsere eigene Psychologie in den Mitmenschen. Jedermann schafft sich auf diese Weise eine Reihe von mehr oder weniger imaginären Beziehungen, die wesentlich auf solchen Projektionen beruhen." (Jung, GW 8, 507)
Weil man nicht alle seine]] Empfindungen und Wahrnehmungen auf ihre Stimmigkeit hin überprüfen kann, ist dies ein relativ normaler und alltäglicher Zustand. Darüber hinaus erscheint alles Unbewusste, bevor es ins Bewusstsein integriert (> Integration) werden kann, immer erst in projektiver Form. Auf dem Wege der Projektion und der Einsicht in die Projektion können somit Inhalte erfahrbar werden, die vorher noch niemals bewusst waren. Von besonderer Bedeutung sind in der Analytischen Psychologie in dieser Hinsicht vor allem Aspekte des Schattens, der Anima, des Animus (> Anima/Animus) und des > Selbst, deren Projektionen im > Individuationsprozess so weit wie möglich zurückgenommen und integriert werden sollen. Zu einer Rücknahme seiner Projektionen ist man aber in der Regel erst dann bereit, wenn sie zu einer störenden Unangepasstheit (> Anpassung > Neurose) führen.
"Es tritt dann die Aufgabe an das Subjekt heran, alle jene Gemeinheit bzw. Teufelei, die man ungescheut dem anderen zugetraut und worüber man sich ein Leben lang entrüstet hat, auf eigene Rechnung zu übernehmen. Das Irritierende an dieser Prozedur ist die Überzeugung einerseits, dass, wenn alle Menschen so handelten, das Leben wesentlich erträglicher würde, andererseits die Empfindung heftigsten Widerstandes dagegen, dieses Prinzip bei sich selber anzuwenden - und zwar im Ernst. Wenn es der andere täte - man könnte sich nichts besseres wünschen; wenn man es aber selber tun sollte, so findet man es unerträglich" (Jung, GW 8, § 517) Denn "man hätte niemand mehr, den man anklagen, niemand, den man verantwortlich machen, den man belehren, bessern und strafen könnte! Man hätte vielmehr in allen Dingen bei sich selber anzufangen, man hätte die Ansprüche, die man an andere stellt, einzig und allein an sich selber zu stellen." (Jung, GW 8, § 524)
C. G. Jung unterscheidet noch eine passive und eine aktive Projektion: "Erstere Form ist die gewöhnliche Form aller pathologischen und vieler normalen P., welche keiner Absicht entspringen, sondern lediglich automatisches Geschehen sind. Letztere Form findet sich als wesentlicher Bestandteil des Einfühlungsaktes.“ (Jung, GW 6, § 871)
Keine
Literatur:
Autor: B. Banholzer