Musiktherapie

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Keyword: Musiktherapie

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Definition: Musiktherapie, Heilen mit und durch Musik hat eine lange Tradition.

Erste Zeugnisse über die Heilwirkung der Musik existieren in Ägypten und China etwa um 1000 v. Chr. In schamanistischen Ritualen (> Schamanismus) hat Musik seit mehreren Zehntausend Jahren eine wichtige Funktion. Musik ist Abbild der kosmischen Ordnung wie auch Mittel der magischen und therapeutischen Beeinflussung. Berühmt ist das, aus dem Alten Testament überlieferte, Harfenspiel Davids zur Aufhellung der Stimmung von König Saul. In Griechenland veranschaulicht der Orpheusmythos die Harmonie stiftende Kraft der Musik. Dies setzt sich in der pythagoreischen Auffassung der Harmonie von Kosmos und menschlicher Natur fort, welche die Musik verkörpert. Musik beeinflusse daher die körperliche wie seelische Verfassung des Menschen. Bei Platon gehört Musik zur seelischen Hygiene, als Gegenmittel zur dionysischen Raserei dient sie der apollinischen Verwandlung des Eros. In den griechischen Tempelheilstätten (Asklepien) wird Musik eingesetzt. Cheiron, der Lehrer von Asklepios, ist auch der Erzieher von Musikern.

Information: Eine systematische Ausarbeitung der Musiktherapie erfolgt in der Mitte des 20. Jhs. I. Frohne-Hagemann unterscheidet Musiktherapie als medizinische Heilhilfsmethode, als heilpädagogische, sozial-rehabilitative, zielorientierte Maßnahme und als prozessorientierte, psychodynamisch orientierte und klinisch fundierte Musikpsychotherapie. (vgl. Frohne-Hagemann, 1999) Musiktherapie wird heute bei neurotischen, psychotischen und psychosomatischen Störungen eingesetzt, bei Suchterkrankungen, Koma-Patienten, Frühgeborenen wie gestörten Säuglingen, bei Entwicklungs- und Verhaltensstörungen und bei körperlichen und geistigen Behinderungen (systematischer Überblick über Formen und Anwendungen der Musiktherapie vgl. Bruhn, 2000 und Remmler, 1982). Man unterscheidet die rezeptive (Musikhören) Musiktherapie von der aktiven Musiktherapie (aktives Musizieren, Improvisation).

In der Musiktherapie spielen neben gestalttherapeutischen (> Gestalttherapie) und humanistischen Ansätzen (> Humanistische Psychologie) besonders tiefenpsychologische Therapiemodelle eine Rolle. Musik erreicht früheste vorsprachliche Bewusstseinsformen, wie sie aus der transmodalen Kommunikation und dem affektiven attunement (> Säuglingsforschung) hervorgehen, wo musikalische Parameter wie Klangfarbe und Rhythmus der mütterlichen Stimme entscheidend sind. Musik hat auch eine Hilfs-Ich-Funktion und fungiert als Übergangsobjekt bzw. "intermediäres Objekt" (vgl. Bruhn, 2000) wenn sie eine vermittelnde Funktion zu anderen Menschen bekommt. C. G. Jungs Auffassungen zu Archetypus, Symbol und Imagination sind auch in die Musiktherapie eingeflossen (vgl. Decker-Voigt, 1991, S. 258f). In der Guided Imagery und Music (vgl. Metzner, 1996) vermittelt Musik aufgrund ihrer symbolischen Struktur die Imaginationen des Patienten an den Therapeuten. Für T. Timmermann (Timmermann, 1994, S. 197) haben Instrumente, Rhythmus und Klang archetypischen Charakter, er sieht eine "Analogie zwischen auditiven Urstrukturen und psychischen Themenkomplexen des kollektiven Unbewussten". Jungianische Beiträge zur Verwendung von Musik und Bedeutung des "sound" im analytischen Prozess gibt es von Skar (1997) und Kittelson (1996), zu kulturtherapeutischen Aspekten der Musik bei Amman (1999) und Krapp (1999).

Literatur: Bruhn, H. (2000): Musiktherapie; Decker-Voigt, H. -H. (1991): Aus der Seele gespielt; Frohne-Hagemann, I. (1999): Musik und Gestalt; Remmler, H. (1982): Musiktherapie; Timmermann, T. (1994): Die Musik des Menschen.

Autor: M. Krapp