Positivismus

Aus aip-lexikon.com
Zur Navigation springenZur Suche springen

Keyword: Positivismus

Links: > Erkenntnistheorie > Materie/Materialismus > Menschenbild > Philosophie > Prä-Trans-Verwechslung > Wissenschaftstheorie

Definition: Positivismus (lat. positum: festgestellt, zweifellos und sicher gegeben; hier: mit der Sinneswahrnehmung festgestellt, im Unterschied zu 'von Gott offenbart') ist eine Richtung der Wissenschaft (> Wissenschaftstheorie) und > Philosophie, die ihre Forschung auf das beschränkt, was tatsächlich gegeben ist und sich metaphysischer Aussagen (> Metaphysik) enthält. Es wird zwischen methodischem und ideologischem Positivismus unterschieden.

Information: Als methodischer Positivismus wird der Grundsatz bezeichnet, nur das sei empirisch erwiesen, was mit den Sinnen - gegebenenfalls mit Hilfe von Apparaten oder indirekten Methoden - nachgewiesen ist. An diesen Grundsatz müssen sich die Wissenschaftler in den ersten Jahrhunderten empirischen Forschens halten, um sich den noch im Mittelalter in reichem Ausmaß geübten 'Wissensgewinn' durch Fantasieren bzw. Spekulieren abzugewöhnen. Durch die Philosophie der Aufklärung wird aus dem methodischen Positivismus der ideologische mit der expliziten Aussage, was mit den Sinnen nicht nachgewiesen werden könne, existiere nicht. Diese als positivistisch bezeichnete - antimetaphysisch ausgerichtete - Art des Selbst-und Weltverstehens ergibt sich im 18. Jh. aus der Reflexion der Ergebnisse empirischen Erforschens von Natur und Kultur. Durch den Nachweis des gesetzmäßigen Verlaufs der Naturprozesse ist nämlich die Vorstellung vom willkürlichen Einwirken jenseitiger Wesen in die Natur eliminiert worden (> Weltsicht, archaische > Mythos) Durch die historisch-kritische Bibelforschung wird zudem die (das erkenntnistheoretische Fundament der Theologie) bildende Vorstellung eliminiert, die heiligen Schriften seien den Menschen von Gott auf übernatürliche Weise offenbart worden. Die positivistische Weltsicht versteht sich als materialistisch (> Materie/Materialismus). Da man am Ende des Mittelalters (> Bewusstseins-Evolution) das Jenseits als geistig (> Geist), das Diesseits hingegen als materiell annimmt, bleibt nach der Elimination des Jenseits nur Materielles übrig. Um 1900 wird dann - durch den Nachweis der inneren Wahrnehmung - die positivistisch-materialistische Weltsicht überwunden und ein neues Selbst-und Weltverständnis (> Menschenbild) ermöglicht, das neben dem Materiellen auch das Geistige gelten lässt. S. Freud, allerdings, der die innere Wahrnehmung und das Unbewusste (> Unbewusstes) de facto nachgewiesen hat, ist bis zum Ende seines Lebens Positivist geblieben.

Literatur: Obrist, W. (1999): Die Natur - Quelle von Ethik und Sinn.

Autor: W. Obrist