Traumdichtung

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Keyword: Traumdichtung

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Definition: Als Traumdichtung wird die Fähigkeit der Seele verstanden, ähnlich wie ein Dichter aus den verschiedensten Erfahrungen die wesentlich erscheinenden Bilder zu > Symbolen zusammenzufügen und zu verdichten. Traumdichtung wird also nicht im Sinne der klassischen Psychoanalyse als Verschiebung und Verschlüsselung von Inhalten des Es aufgrund der Zensur des Über-Ich verstanden, sondern als kreativer Prozess, mit denen Träume fähig sind, Erfahrungen aus dem Alltag herauszulösen und zu einem besonderen und hellen Augenblick werden zu lassen.

Information: Der Träumer begegnet einer umfassenden > Ganzheit, die den vielen undurchsichtigen oder verwirrenden Ereignissen seines Lebens einen > Sinn geben können. Das kreative Schaffen der Dichter:innen, Musiker:innen und bildenden Künstler:innen scheint in vielem dem schöpferischen Geschehen in den Träumen abgelauscht zu sein (> Musik). Die Werke der Künstlerinnen und Künstler sowie die Träume bringen häufig zum Ausdruck, was im kollektiven Bewusstsein (> Bewusstsein, kollektives > Kompensation) ausgespart wird, indem sie aus dem kollektiven Unbewussten jene Bilder und Symbole darstellen, die eine kollektive Verbundenheit der Menschen miteinander ermöglichen.

Dazu schreibt C. G. Jung: "Das große Werk ist wie ein Traum, der trotz aller Offenkundigkeit sich selbst nicht deutet und auch niemals eindeutig ist ... und beides ist subtil dasselbe, wessen einer nur dann innewird, wenn er das Kunstwerk annähernd so auf sich wirken lässt, wie es auf den Dichter wirkte. Um seinen Sinn zu verstehen, muss man sich von ihm gestalten lassen, wie es den Dichter gestaltet hat. Und dann verstehen wir auch, was sein Urerlebnis war: er hat jene heilsame und erlösende seelische Tiefe berührt, wo noch kein Einzelner zur Einsamkeit des Bewusstseins sich abgesondert hat, um einen leidensvollen Irrweg einzuschlagen; wo noch alle in derselben Schwingung begriffen sind, und darum Empfinden und Handeln des Einzelnen noch in alle Menschheit hinausreicht." (Jung, GW 15, § 161)

Und an anderer Stelle: "Wenn unser Traum irgendwelche Vorstellungen reproduziert, so sind dies in erster Linie unsere Vorstellungen, in deren Bildung die Gesamtheit unseres Wesens verwoben ist; es sind subjektive Faktoren, die im Traume nicht aus äußeren Gründen, sondern aus den intimsten Regungen unserer Seele heraus sich so oder so gruppieren und damit den oder jenen Sinn ausdrücken. Die ganze Traumschöpfung ist im Wesentlichen subjektiv, und der Traum ist jenes Theater, wo der Träumer Szene, Spieler, Souffleur, Regisseur, Autor, Publikum und Kritiker ist." (Jung, GW 8, § 509).

Traumbeispiele: Der englische Schriftsteller Priestley träumt von einem Vogelschwarm, in welchem er schließlich die weiße Flamme des Lebens entdeckt. (Vgl. Adler, 1952, S. 159 f.). Ein 65-jähriger Mann sieht auf drei Schriftbändern in seinem Traum die Worte: Ganz, ganz, ganz, die von einem überirdischen Licht durchlichtet werden, sodass in der dritten Reihe die immer größer werdenden Worte glänzen, indem sich zusätzlich hinter dem ersten Buchstaben ein "L" einfügt, sodass das Wort Glanz zu lesen ist. (Stekel, 1912)

Keine

Literatur: Dieckmann, H. (1978): Träume als Sprache der Seele; Hark, H. (2000): Die Heilkraft der Träume; Stekel, W. (1912]]): Die Träume der Dichter.

Autor: H. Hark