Ekstase: Unterschied zwischen den Versionen

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<b>Definition:</b> Als Ekstase (griech. ekstasis: außer sich sein) wird das in höchster Form von Erregung stattfindende „Heraustreten der Seele“ aus den Körpergrenzen bezeichnet. Psychologisch betrachtet ist das als ein Ausnahmezustand des Bewusstseins (> [[Bewusstsein]]) zu verstehen. Es kommt zu einer Einschränkung in der Wahrnehmung der eigenen körperlichen wie auch der äußeren Realität. In einer heftigen Gefühlsüberflutung liegt der Fokus im inneren Erleben von Inhalten und Bildern als „eingegeben“ erlebter Visionen (> [[Vision]]) und Auditionen, die sich der bewussten Steuerung entziehen und berauschenden Charakter annehmen.  
<b>Definition:</b> Als Ekstase (griech. ekstasis: außer sich sein) wird das in höchster Form von Erregung stattfindende „Heraustreten der Seele“ aus den Körpergrenzen bezeichnet. Psychologisch betrachtet ist das als ein Ausnahmezustand des Bewusstseins (> [[Bewusstsein]]) zu verstehen. Es kommt zu einer Einschränkung in der Wahrnehmung der eigenen körperlichen wie auch der äußeren Realität. In einer heftigen Gefühlsüberflutung liegt der Fokus im inneren Erleben von Inhalten und Bildern als „eingegeben“ erlebter Visionen (> [[Vision]]) und Auditionen, die sich der bewussten Steuerung entziehen und berauschenden Charakter annehmen.  


<b>Information:</b> Ekstasen können unabsichtlich eintreten, z. B. als Ausdruck einer seelischen Störung (> [[Besessenheit]] > [[Hysterie]] > [[Krise, spirituelle]] > [[Psychose]]), aber auch absichtlich herbeigeführt werden. Hier lassen sich unterscheiden: 1. die aktive Form der Ekstase, bei der es zu eindrucksvollen körperlichen Ausdrucksbewegungen und starker Affektentladung kommt – etwa bei den Sufis oder Schamanen (> [[Schamanismus]]) und den dionysischen Bacchanten der griechischen Geschichte oder auch bei Negrospirituals; 2. die passive Form der Ekstase, die unerwartet, absichtslos und raptus-artig auftritt. Durch den inneren Zustand von Verzückung und Beseligung ergibt sich eine statuenhafte Körperhaltung. Diese Form neigt dazu, nach einem langen meditativen Übungsweg (z. B. indische Yoga-Praxis) aufzutreten, selten auch ganz spontan, oder aber ausgelöst durch bestimmte Reize; 3. eine Variante ekstatischen Erlebens, hervorgerufen durch psychedelische Drogen oder Pflanzen (> [[Psycholyse]]).  
<b>Information:</b> Ekstasen können unabsichtlich eintreten, z. B. als Ausdruck einer seelischen Störung (> [[Besessenheit]] > [[Hysterie]] > [[Krise]] > [[Psychose]]), aber auch absichtlich herbeigeführt werden. Hier lassen sich unterscheiden: 1. die aktive Form der Ekstase, bei der es zu eindrucksvollen körperlichen Ausdrucksbewegungen und starker Affektentladung kommt – etwa bei den Sufis oder Schamanen (> [[Schamanismus]]) und den dionysischen Bacchanten der griechischen Geschichte oder auch bei Negrospirituals; 2. die passive Form der Ekstase, die unerwartet, absichtslos und raptus-artig auftritt. Durch den inneren Zustand von Verzückung und Beseligung ergibt sich eine statuenhafte Körperhaltung. Diese Form neigt dazu, nach einem langen meditativen Übungsweg (z. B. indische Yoga-Praxis) aufzutreten, selten auch ganz spontan, oder aber ausgelöst durch bestimmte Reize; 3. eine Variante ekstatischen Erlebens, hervorgerufen durch psychedelische Drogen oder Pflanzen (> [[Psycholyse]]).  


C. G. Jung beschäftigt sich verschiedentlich mit diesen Formen der Ekstase, wenn er sich mit dem Einheits- und Ekstase-Erleben und dem Erleben des „universalen Bewusstseins“ in den östlichen Traditionen auseinandersetzt. Ein universales Bewusstsein, wie es dort, etwa in Yogi-Traditionen angenommen wird, ist für ihn mit einer Bewusstheit des Unbewussten gleichzusetzen, und ein solcher Zustand ist für ihn ein Widerspruch in sich, da das Unbewusste nicht bewusst sein kann. In solchen Erlebensformen der Ekstase hat „das Unbewusste das Ich-Bewusstsein verschlungen“ (vgl. Jung, GW 9/1, § 520).  
C. G. Jung beschäftigt sich verschiedentlich mit diesen Formen der Ekstase, wenn er sich mit dem Einheits- und Ekstase-Erleben und dem Erleben des „universalen Bewusstseins“ in den östlichen Traditionen auseinandersetzt. Ein universales Bewusstsein, wie es dort, etwa in Yogi-Traditionen angenommen wird, ist für ihn mit einer Bewusstheit des Unbewussten gleichzusetzen, und ein solcher Zustand ist für ihn ein Widerspruch in sich, da das Unbewusste nicht bewusst sein kann. In solchen Erlebensformen der Ekstase hat „das Unbewusste das Ich-Bewusstsein verschlungen“ (vgl. Jung, GW 9/1, § 520).  

Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 13:03 Uhr

Keyword: Ekstase

Links: > Bewusstseinszustände, veränderte > Einheitswirklichkeit > Mystik > Unus mundus

Definition: Als Ekstase (griech. ekstasis: außer sich sein) wird das in höchster Form von Erregung stattfindende „Heraustreten der Seele“ aus den Körpergrenzen bezeichnet. Psychologisch betrachtet ist das als ein Ausnahmezustand des Bewusstseins (> Bewusstsein) zu verstehen. Es kommt zu einer Einschränkung in der Wahrnehmung der eigenen körperlichen wie auch der äußeren Realität. In einer heftigen Gefühlsüberflutung liegt der Fokus im inneren Erleben von Inhalten und Bildern als „eingegeben“ erlebter Visionen (> Vision) und Auditionen, die sich der bewussten Steuerung entziehen und berauschenden Charakter annehmen.

Information: Ekstasen können unabsichtlich eintreten, z. B. als Ausdruck einer seelischen Störung (> Besessenheit > Hysterie > Krise > Psychose), aber auch absichtlich herbeigeführt werden. Hier lassen sich unterscheiden: 1. die aktive Form der Ekstase, bei der es zu eindrucksvollen körperlichen Ausdrucksbewegungen und starker Affektentladung kommt – etwa bei den Sufis oder Schamanen (> Schamanismus) und den dionysischen Bacchanten der griechischen Geschichte oder auch bei Negrospirituals; 2. die passive Form der Ekstase, die unerwartet, absichtslos und raptus-artig auftritt. Durch den inneren Zustand von Verzückung und Beseligung ergibt sich eine statuenhafte Körperhaltung. Diese Form neigt dazu, nach einem langen meditativen Übungsweg (z. B. indische Yoga-Praxis) aufzutreten, selten auch ganz spontan, oder aber ausgelöst durch bestimmte Reize; 3. eine Variante ekstatischen Erlebens, hervorgerufen durch psychedelische Drogen oder Pflanzen (> Psycholyse).

C. G. Jung beschäftigt sich verschiedentlich mit diesen Formen der Ekstase, wenn er sich mit dem Einheits- und Ekstase-Erleben und dem Erleben des „universalen Bewusstseins“ in den östlichen Traditionen auseinandersetzt. Ein universales Bewusstsein, wie es dort, etwa in Yogi-Traditionen angenommen wird, ist für ihn mit einer Bewusstheit des Unbewussten gleichzusetzen, und ein solcher Zustand ist für ihn ein Widerspruch in sich, da das Unbewusste nicht bewusst sein kann. In solchen Erlebensformen der Ekstase hat „das Unbewusste das Ich-Bewusstsein verschlungen“ (vgl. Jung, GW 9/1, § 520). Mit einer triebhaft-emotionalen dionysischen oder auch inspirierenden Ergriffenheit durch archetypische Bilder sowie der Identifizierung mit archetypischem Erleben und dem, daraus resultierenden chaotischen, Aufgelöst- und Unbewusst-Werden setzt sich Jung vielfältig auseinander, u. a. dann, wenn er Zeitereignisse in Deutschland analysiert und kommentiert. Im Wotanaufsatz (Jung, GW 10) diagnostiziert er bei Schriftstellern und Philosophen des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, durch Romantik und Irrationalismus beeinflusst, eine ausgeprägte Abwertung des apollinischen oder Logos-Prinzips (> Logos-Prinzip) und eine Idealisierung des dionysischen oder Eros-Prinzips (> Eros-Prinzip). Das führe „zu einem Kult der Ekstase, der in der Selbstauflösung des Bewusstseins im Tode gipfelt, welcher ihnen die Überwindung materieller Begrenzungen bedeutet“ (Jung, GW 10, § 375). Die mystische Komponente innerhalb des ekstatischen Phänomens zeigt sich in einer, in der Ekstase integrierten, Einheitserfahrung mit dem > Selbst (> Einheitswirklichkeit > Gottesbild > Mystik > Unus mundus), einem Geschehen also, das als Auftreten eines veränderten Bewusstseinszustandes (> Bewusstseinszustände, veränderte), im Sinne eines Reifesprunges, nachhaltige Wirkung auf die weitere Existenz des Betroffenen zeigen kann. Nach Th. von Avila z. B. ist der Zustand der Ekstase nicht zu vergleichen mit dieser mystischen Erfahrung der unio mystica, sondern lediglich als eine Vorstufe dieser zu werten. Auch die archaische Ekstase-Technik der Schamanen zielt eher auf die spezifischen, ihm innewohnenden Aspekte der „Seelenreise“ zwischen den verschiedenen veränderten Bewusstseinszuständen, als auf die höchste der Bewusstseinsebenen, der mystischen Dimension als Eins-Werdung von Gott und Mensch bzw. Ich-Bewusstsein und > Selbst.

Literatur: Eliade, M. (1975): Schamanismus und archaische Ekstasetechnik; Johnson, R. A. (1991): Ekstase; Langen, D. (1963): Archaische Ekstase und asiatische Meditation.

Autor: C. Bartel