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Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr
Keyword: Familie
Links: > Eltern > Familientherapie > Kindheit/Kindheitsphasen > Kindarchetyp > Mutter > Mutterarchetyp > Mutter, Große > Vater > Vaterarchetyp > Vater, Großer
Definition: Familie (lat. famulus – Diener; familia – die Gemeinschaft der Diener, die jeweils zu einem pater familias gehören) verweist als Begriff zwar auf eine patriarchale Struktur (> Patriarchat), zugleich aber wird im dahinter stehenden Prinzip die Gemeinschaft, die Solidarität und das Geben und Nehmen betont. Familie ist eine soziale Einrichtung und eine Beziehungsform, die sehr stark von religiösen und ideologischen, von wirtschaftlichen und sozialen Faktoren bestimmt ist. Die soziale und psychische Realität, die Psyche der Familienmitglieder, deren Bindungen, Beziehungen und Konflikte, Hoffnungen und Visionen, ihr subjektiv erlebtes Glück und Unglück, Erfolg und Misserfolg im Leben entscheidet mit über die Entwicklung jedes Einzelnen. Die Veränderungen des Systems Familie und ihrer Strukturen, seit der Mitte des 20. Jahrhunderts, spiegelt den Zugewinn an sozialer wie psychischer Freiheit wider, aber auch die Zunahme von Vereinzelung und Herauslösung aus „familiären“, d. h. vertrauten und haltenden Bindungen.
Information: Die zentrale Funktion der familiären Gemeinschaft ist, für die Mutter und das Kind während der Schwangerschaft und danach, einen sozial und psychisch verlässlichen, sicheren, tragfähigen Hintergrund zu schaffen, der es ihr erlaubt, ihr Kind ausreichend gut genug zu bemuttern (> Urbeziehung). Häufig kommt das Getragen sein für eine Mutter tatsächlich nicht so sehr oder nicht nur aus der Paar-Beziehung (> Paar), sondern auch aus der größeren familiären Gemeinschaft, die durch die Großeltern, Geschwister, die familiennahen Verwandten und Freunden gebildet wird. die Säuglingsforschung belegt, dass der Säugling schon in den ersten Monaten des Lebens, außer auf die Mutter, auch auf andere Personen seines Umfeldes spezifisch reagiert. Die Bedeutung der Familie endet aber nicht nach der frühen Entwicklung des Kindes, sondern setzt sich über das ganze weitere Leben bis zum Tode hin fort. Jeder Mensch trägt wohl ein ideales, archetypisches Bild der guten und heilen Familie in sich, wie sie sich in manchen Mythen, Religionen und Erzählungen spiegeln (die „heilige Familie“). Eine genügend „gute“ Standardfamilie existiert aber immer nur für einen kleinen Teil der Menschen.
Im tiefenpsychologischen Denken wird die besondere Bedeutung des familiären Bezugsrahmens dadurch hervorgehoben, dass immer eine ausführliche Familienanamnese erhoben wird, die im Verlaufe der Therapie immer weiter ausdifferenziert wird. Einerseits werden die interpersonellen Konflikte (> Konflikt) zwischen den Familienmitgliedern und die innerseelischen Konflikte voneinander getrennt, andererseits wird davon ausgegangen, dass die innerseelischen Konflikte nicht nur Ausdruck individueller Schwierigkeiten sind, sondern häufig auch die Konflikte der Bezugspersonen und des Familiensystems widerspiegeln (> Familientherapie > Systemtheorie). In der Analytischen Psychologie (> Analytische Psychologie) erhalten die > Eltern bzw. Vater und Mutter zudem eine besondere Bedeutung durch ihren Bezug zu archetypischen Konstellationen (> Archetyp > Mutter, Große > Vater, Großer). Gerade die Berücksichtigung solcher archetypischer Dimensionen und die Unterscheidung von archetypischer Erfahrung und Projektion einerseits und Realerfahrung mit den Eltern bzw. Bezugspersonen andererseits, kann im Umgang mit dem System Familie, seiner psychischen Struktur und seiner Auswirkung auf den Einzelnen sehr hilfreich sein.
Literatur: Kast, V. (1988): Familienkonflikte im Märchen; Kast, V. (1994): Vater-Töchter Mutter-Söhne.
Autor: A. Müller