Parapsychologie: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr
Keyword: Parapsychologie
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Definition: Die Bezeichnung Parapsychologie (griech. para: entlang, neben, bei, über etwas hinausgehend) ist 1889 von Max Dessoir vorgeschlagen worden für eine Wissenschaft, die sich mit den, aus dem normalen Verlauf des Seelenlebens heraustretenden Erscheinungen beschäftigt, mit Phänomenen, die neben den vertrauten, mit den gewohnten Begriffen des Weltverständnisses erfassbaren Vorgängen auftreten oder scheinbar auftreten (vgl. Bender 1972, S. 29). Man spricht auch von Para-Phänomenen oder von Psi-Phänomenen zur Kennzeichnung der hypothetischen psychischen (parapsychischen oder paranormalen) Fähigkeiten. Zu den parapsychologischen Phänomenen gehören außersinnliche Wahrnehmungen oder Erfahrungen wie Hellsehen, Telepathie und Präkognition sowie sinnlich-körperlichen Erscheinungen wie die Psychokinese als das Einwirken der Psyche auf materielle Systeme, die Materialisation als die paranormale Erzeugung objektiver materieller Erscheinungen und von Spukvorgängen, daneben religiöse Wunder und Erscheinungen.
Information: In der Parapsychologie geht es vor allem darum, durch methodische Untersuchungen (u. a. statistische Erhebungen) und Experimente die Existenz dieser Phänomene wissenschaftlich zu überprüfen und zu dokumentieren. Dies geschieht u. a. durch quantitative statistische Versuche oder durch Sammlung von Einzelfällen, bei denen die Möglichkeit von physikalischen Einflüssen, Zufällen, Täuschungen oder subjektiven Deutungen ausgeschlossen wird. (vgl. Müller, 1980) Die spontanen Phänomene allerdings - Berichte aus allen Schichten der Bevölkerung über außergewöhnliche, unerklärliche und meist als unheimlich empfundene Erlebnisse - bilden nach wie vor die "vitale Essenz" der parapsychologischen Forschung. Obwohl ihnen aus verschiedenen Gründen kein strenger Beweiswert zukommt, bilden sie doch die eigentliche Rechtfertigung der Parapsychologie Die Spontanfälle verweisen den Forscher und Experimentator immer wieder zurück auf den lebensnahen Hintergrund, vor dem sie stattfinden und der berücksichtigt werden muss. Die ersten Versuche, solche übernatürlichen Phänomene mit wissenschaftlichen Methoden exakt zu untersuchen, gehen auf das Gründungsjahr der amerikanischen "Society for Psychical Research" (1882) zurück. H. Bender etabliert die Parapsychologie als akademisches Lehrfach in Deutschland.
C. G. Jung hat sich schon früh für parapsychologische und "okkulte" (lat. occultum: das Geheimnisvolle, das Verborgene) Phänomene interessiert. Seine Disseration, deren Grundlagen die mediumistischen Sitzungen mit seiner Cousine waren, trägt den Titel „Zur Psychologie und Pathologie sogenannter occulter Phänome“. Im Nachwort schreibt er: "Mein Bestreben ging vor allem dahin, entgegen der öffentlichen Meinung, welche für die sogenannten okkulten Phänomen nichts als ein geringschätziges Lächeln hat, die zahlreichen Verknüpfungen derselben mit dem Erfahrungsgebiete des Arztes und der Psychologie darzustellen und auf die zahlreichen wichtigen Fragen hinzuweisen, welches dieses unerforschte Gebiet noch für uns birgt. Den Anstoß zu dieser Arbeit gab mir die Überzeugung, dass auf diesem Gebiete eine reiche Ernte für die Erfahrungspsychologie reift." (Jung, GW 1, § 150) Die "okkulten" Phänomene spielen auch eine - noch nicht geklärte - Rolle in der Beziehung zwischen S. Freud und Jung (> Freud-Jung-Beziehung). Man kann vermuten, dass zwischen dem rational-nüchternen Freud und dem okkult-intuitiv eingestellten Jung nicht nur eine Vater-Sohn-Thematik, sondern auch eine gegenseitige "Schattenübertragung" (> Schatten > Übertragung/Gegenübertragung) wirksam gewesen ist, sodass sie sich stark faszinierten, aber einander auch mit großer Affektivität kritisieren müssen. Noch 1910 hat Freud versucht, sich mit Jung gegen die "schwarze Schlammflut des Okkultismus" zu verbünden (Jung, Jaffé, 1962, S. 155). Bereits ein Jahr später aber schreibt er an Jung: "Lieber Freund.. In Sachen des Okkultismus bin ich seit der großen Lektion durch die Erfahrungen S. Ferenczis (der telepathische Experimente durchgeführt hat, Anm. d. Verf.) demütig geworden. Ich verspreche alles zu glauben, was sich irgendwie vernünftig machen lässt. Gerne geschieht es nicht, das wissen Sie. Aber meine Hybris ist seither gebrochen." (McGuire, W. Sauerländer, 1974, S. 474) Der Biograf Freuds, E. Jones, berichtet, dass er mit Freud in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg mehrmals Gespräche über parapsychische Phänomene geführt habe. Jones habe ihm vorgeworfen, er neige aufgrund fadenscheiniger Beweise dazu, an Übersinnliches zu glauben, worauf Freud geantwortet habe: "Ich mag das alles nicht, aber irgendetwas Wahres ist dran." Auf Jones Frage, wohin eine solche Auffassung denn führen würde, dann könne man ja auch an Engel glauben, antwortet Freud mit dem bemerkenswerten Satz: "Ganz richtig, sogar an den lieben Gott." (Jones, 1983, S. 443f) Freud soll auch Mitglied in der Society for Psychical Research gewesen sein, um "die Sache der Telepathie durch die Psychoanalyse zu unterstützen." (vgl. Ehrenwalld, J., 1964; Mischo, J. 1976)
Die Grenzphänomene zum Religiösen und Parapsychologischen haben Jungs Leben weitgehend geprägt. Etliche seiner Hypothesen können einen Teilbereich paranormaler Phänomene aufhellen (> Einheitswirklichkeit > Geister > Hermetik > Komplex > Synchronizität > Unbewusstes, kollektives > Unus mundus). Darüber hinaus hat sich die Situation der Parapsychologie nicht wesentlich geändert, seitdem Bender (1970, S. 71) schrieb: "Die parapsychischen Erscheinungen [..] sind so rätselhaft, wie sie eh und je gewesen sind. Eine Einordnung in bekannte Prinzipien von Natur und Psyche ist nicht gelungen und ist auch nicht in Andeutungen zu vermuten."
Literatur: Bender, H. (1976]]): Parapsychologie; Mischo, J. (1976]]): Der andere Freud; Müller, L. (1980]]): Para, Psi und Pseudo.
Autor: L. Müller