Synchronizität
Keyword: Synchronizität
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Definition: Mit Synchronizität (griech.: syn: zusammen mit, übereinstimmend mit; griech. chronos: Zeit) bezeichnet Jung die zeitliche Koinzidenz (lat.: Zusammentreffen]]) zweier oder mehrerer nicht kausal aufeinander bezogenen Ereignisse, welche von gleichem oder ähnlichem Sinngehalt sind. (Jung, GW 8, § 849]]).
Der Hypothese der Synchronizität, die C. G. Jung in engem Austausch und Zusammenarbeit mit W. Pauli (> Physik) erarbeitet hat, liegt die Auffassung zugrunde, dass Kausalität als Erklärungsprinzip für die > Komplexität und > Paradoxie der Psyche wie der Welt nicht ausreicht und dass es einen Bereich des Psychoiden (> Unbewusstes, psychoides) gibt, in dem physische und psychische Faktoren ineinander übergehen, sich transgressiv verhalten - d. h. Grenzen, bisherige Zustände überschreiten und neue Zustände, Verhältnisse, Phänomene erzeugen. (> Feld, psychisches > Wissen, absolutes). Jung will die Raum-Zeit-Kausalitätstriade (> Finalität > Reduktion vs. Synthese > Triade) des klassischen Weltbildes zu einem ein Ganzheitsurteil ermöglichenden Quaternio (> Quaternität) erweitern, indem er die Akausalität bzw. die Synchronizität einbezieht. Er nennt die synchronistischen Ereignisse als ursachelos vorkommende oder vorhandene Ereignisse auch "Schöpfungsakte in der Zeit", was nichts weniger impliziert, als dass die Schöpfung in der Natur kontinuierlich weitergeht. (vgl. Jung, GW 8, § 957) E. Neumann, der sich intensiv mit dem Konzept der Einheitswirklichkeit, der Synchronizität und dem Schöpferischen auseinandersetzt, entwickelt in diesem Zusammenhang den Gedanken des psychischen Feldes, in dem sich Welt und Psyche auf einer tiefen Ebene miteinander verbinden.
Information: Jung unterscheidet drei Kategorien von synchronistischen Ereignissen (Jung, GW 8, § 974 f.):
1. Die Koinzidenz eines psychischen Zustandes des Beobachters mit einem gleichzeitigen, objektiven, äußeren Ereignis, wobei zwischen psychischem Zustand und äußerem Ereignis kein Kausalzusammenhang ersichtlich und auch nicht denkbar ist. In der > Parapsychologie würde dies beispielsweise den mit Telepathie oder der Psychokinese bezeichneten Phänomenen entsprechen. Auch das Werfen von Münzen oder Ziehen von Schafgarbenstängeln beim > I-Ging gehört in diese Kategorie.
2. Die Koinzidenz eines psychischen Zustandes mit einem entsprechenden (mehr oder weniger gleichzeitigen) äußeren Ereignis, welches aber außerhalb des Wahrnehmungsbereiches des Beobachters, also räumlich distant, stattfindet und erst nachträglich verifiziert werden kann. Parapsychologie: Hellsehen, Wahrträume
3. Koinzidenz eines psychischen Zustandes mit einem entsprechenden, noch nicht vorhandenen, zukünftigen, also zeitlich distanten Ereignis, das ebenfalls erst nachträglich verifiziert werden kann. Parapsychologie: Prägoknition, Vorherwissen, prophetische Träume.
Solche synchronistischen Ereignisse scheinen besonders häufig dann einzutreffen, wenn im Unbewussten der Beteiligten ein Archetyp besonders intensiv konstelliert ist. Dann erscheint es so, als ob das archetypische Muster nicht nur im Individuum selber wirke, sondern sich auch in seiner Umgebung manifestiere (vgl. auch > Übertragung/Gegenübertragung). Ein einfaches, alltägliches Beispiel hierzu ist das weitverbreitete Phänomen, dass zwei Menschen sich, ohne voneinander zu wissen oder es geplant haben, im gleichen Moment anrufen. Oder dass jemand an einen Menschen, mit dem er nicht allzu häufig zu tun hat, eine E-Mail sendet und im selben Moment von eben diesem Menschen selbst eine E-Mail erhält. Oder: Ein junger Mann macht sich im Flugzeug eine Notiz, dass er nicht vergessen will, das Reisebüro anzurufen, um nach den Ergebnissen einer bestimmten Recherche zu fragen, die er einige Tage zuvor aufgegeben hatte. Zu Hause angekommen, hört er auf seiner Mailbox genau die Information des Reisebüros, die nach Angabe des Sprechers zur selben Zeit erfolgt ist, zu der er die Notiz im Flugzeug schrieb.
Solche Erlebnisse können zunächst als Zufall bezeichnet werden. Gleichzeitigkeit von ähnlichen Ereignissen alleine bedeutet noch nicht Synchronizität. Sie unterscheidet sich vom Zufall dadurch, dass die Phänomene nicht nur gleichzeitig auftreten, sondern auch in einem Sinnzusammenhang (> Sinn) stehen, d. h. das Individuum, das den Zufall erfährt, erlebt darin auch eine tiefere emotionale Bedeutung, einen Sinn, der allerdings oft erst allmählich herausgefunden werden muss. Der Sinn kann nur subjektiv (> Subjekt) gefunden werden. Zwar ist die subjektive Psyche mit der objektiven Psyche (> Objektiv Psychisches) verbunden, doch nur das persönliche, subjektive Bewusstsein kann eine Synchronizität wahrnehmen und für sich interpretieren. Eine solche synchronistische Erfahrung kann tiefgreifende Wirkungen haben und, wenn sie im therapeutischen Prozess auftritt, Zeichen für eine besondere Intensität und Bedeutsamkeit der behandelten Thematik oder Beziehungskonstellation sein.
Die Hypothese der Synchronizität und der psychoiden Natur des Archetyps (> Unbewusstes, psychoides) impliziert die Annahme einer Existenz von möglichen Sinnmomenten vor jedem Erleben und eröffnet damit Bezüge zur religiösen Dimension (> Mystik > Religion > Spiritualität).
Keine
Literatur: Franz, M. -L. v. (1987): Wissen aus der Tiefe; Franz, M. -L. v. (1988): Psyche und Materie; Neumann, E. (1953 c): Die Psyche und die Wandlung der Wirklichkeitsebenen; Seifert, A., Seifert, T. (2001): So ein Zufall!
Autor: A. und T. Seifert