Quaternität

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Links: > Coniunctio > Axiom der Maria Prophetissa > Ganzheit > Mandala > Beziehungsquaternio > Heiratsquaternio > Mandala > Pentaolon-Modell > Polarität

Definition: C. G. Jung bezeichnet als Quaternität (lat. quartus: der Vierte) ein aus vier Teilen zusammengesetztes Ganzes oder eine Vierheit und sieht darin ein "Ordnungsschema par excellence" (vgl. Jung, GW 9/2, § 381) und den universellen Archetyp der > Ganzheit: "Die ideale Vollständigkeit ist das Runde, der Kreis, aber seine natürliche minimale Einteilung ist die Vierheit." (Jung, GW 11, § 246) Die Vier als Zahl, das Quadrat wie auch das Kreuz, ermöglichen den Aufbau eines grundlegenden Koordinatensystems für Zeit und Raum, für Welt und Kosmos. Sie bilden deshalb auch die Basis für viele logisch-geistige Modelle: Die vier Himmelsrichtungen, die vier Winde, die vier Jahreszeiten und daran angelehnt die vier Lebensalter, die vier Elemente, die vier Körpersäfte und die vier Temperamente, die vier Flüsse des Paradieses, die vier Evangelisten. Das Auftauchen der Vierheit in Träumen und Visionen kann deshalb auf die Ganzheit und > Selbst hinweisen. Als solche Ganzheitsstruktur ist sie z. B. auch im> Mandala enthalten.

Information: In seinen religionspsychologischen Überlegungen setzt sich Jung mit dem Archetyp der Trinität (> Triade) auseinander und ist der Meinung, dass in der christlichen Trinitätsvorstellung das weibliche Prinzip (Maria) als Viertes fehlt bzw. ins Unbewusste verdrängt ist. Die christliche Religion müsse deshalb Maria, das heißt das Weibliche oder das Weiblich-Geistige als Viertes zur Ganzheit wieder hinzunehmen (> Himmelfahrt). Wo man in mythologischen und religiösen Bildern und Symbolen, hermetischen Symbolsystemen etwa der > Alchemie oder auch in der Philosophie auf die Vierheit stößt, vor allem auch in gnostischem Denken (> Gnosis), geht es darum, eine chaotische Vielfalt (> Chaos) numinoser Bilder (> Numinosum) und Eindrücke zu ordnen. Die Quaternität oder Quaternio bedeutet Beruhigung durch Ordnung. Deswegen bedient sich Jung häufig selbst eines Quaternitätsmodells, um sich in der Fülle und Vielschichtigkeit universaler Motive, Gestalten, Ereignisse, aber auch der Träume, Fantasien und anderen unbewussten und symbolischen Gestaltungen seiner Patienten orientieren zu können. In seinem Aufsatz: "Die Struktur und Dynamik des Selbst" (GW 9/2) stellt er verschiedene Aspekte des Selbst in der Struktur der Quaternio und der Doppelpyramide dar und setzt sie mit der alchemistischen Vorstellung von den vier Elementen und dem Stein der Weisen in Beziehung. Nicht zuletzt spielt die Quaternio eine herausragende Rolle in Jungs Überlegungen zum Inzest (> Inzestmotiv), zu Beziehungsprozessen in Zweier-Beziehungen (> Heiratsquaternio) und in der Beziehung zwischen Therapeut und Patient (> Beziehung, therapeutische > Beziehungsquaternio. Auch die > [[Orientierungsfunktionen sind im Quadrat und gleichzeitig polar angeordnet (> Polarität).

Literatur:

Autor: A. Müller