Beziehungsquaternio

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Keyword: Beziehungsquaternio

Links: > Beziehung > Eros-Prinzip in der Psychotherapie > Heilen/Heilung > Heiler, verwundeter > Übertragung/Gegenübertragung > Übertragungsformen

Definition: Im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit der Symbolik der > Alchemie entdeckt C. G. Jung viele Motive und Bilder, die sich auf die > Individuation und auch auf die therapeutische Beziehungsquaternio (> Beziehung, therapeutische) übertragen lassen. Er stellt das interaktionelle Feld zwischen Therapeut und Patient in einem quadratisch angeordneten Schema dar (> Heiratsquaternio > Quaternität), an dem sich mehrere Ebenen und Dimensionen der therapeutischen Kommunikation, Beeinflussung und Beziehung verdeutlichen lassen (vgl. Jung, GW 16, § 422 f). Die vielfältigen Interaktionen, die das Modell der Beziehungsquaternio darstellt, laufen natürlich nicht nur in einer therapeutischen Beziehung ab, sondern in jeder Begegnung zweier oder mehrerer Menschen (vgl. auch > Anima/Animus).

Information: 1. Die bewusste Ebene zwischen Patient und Therapeut, die Realbeziehung, die therapeutische Allianz, das > Arbeitsbündnis. Auf dieser Ebene findet die bewusste Kommunikation zwischen beiden statt. 2. Die Beziehung des Therapeuten zu seinem Unbewussten (> Unbewusstes), einschließlich seiner Konflikte, Widerstände, Komplexe, Pathologien (> Heiler, verwundeter), Schattenanteile, Anima/Animus- und Selbst-Aspekte. Auf dieser Ebene treten vorbewusste oder unbewusste Emotionen, Bilder, Einfälle, Gedanken des Therapeuten in Bezug auf die, mit dem Patienten, behandelten Themen auf, die dann über Ebene 1 mitgeteilt werden können, wenn es therapeutisch sinnvoll ist. 3. Die Beziehung des Patienten zu seinem Unbewussten, einschließlich seiner Konflikte, Widerstände, Komplexe, Pathologien, Schattenanteile, Anima/Animus-Aspekte (vgl. 2.). Die Herstellung einer vertrauensvollen Beziehung zum Unbewussten, z. B. mithilfe der Traum- und Symbolarbeit (> Symbol > Traum), ist ein wesentliches Ziel des therapeutischen Prozesses. 4. und 5. Die gegenseitigen bewusst/unbewussten Beeinflussungen und Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse (> Übertragung/Gegenübertragung). Beide am Prozess Beteiligten nehmen z. B. durch ihre > Empathie oder ihre > Intuition/Intuitive Funktion etwas von dem Unbewussten des anderen wahr und beeinflussen fortwährend das Unbewusste des anderen. 6. Die Beziehung zwischen dem Unbewussten des Einen zum Unbewussten des Anderen (> Participation mystique). Auf dieser Ebenen finden kontinuierliche Interaktionen, Identifizierungen (> Identifikation), Induktionen (> Induktion), Resonanzwirkungen (> Resonanz) und Regulationen statt, die dem Bewusstsein (zunächst) nicht zugänglich sind, aber eine tiefgreifende therapeutische Bedeutung haben. In diesem unbewussten interaktiven Feld (> Feld, psychisches) können gemeinsame Einfälle, Phantasien und Emotionen bis hin zu wechselseitigen archetypischen Übertragungen und synchronistischen (> Synchronizität) Ereignissen auftreten. “Der analytischen Situation liegt in einer tieferen Schicht ein vom > Selbst ausgehender synchronistischer Prozess zugrunde, für dessen Differenzierung uns heute noch die Begriffswelt fehlt und für den wir den Mut und die Offenheit aufbringen müssen, einen Schritt in das Unbekannte und Unübliche zu wagen.“ ( Dieckmann1980, S. 101)

Literatur: Dieckmann, H. (Hrsg.) (1980): Übertragung und Gegenübertragung in der Analytischen Psychologie; Heisig, D. (1999): Wandlungsprozesse durch die therapeutische Beziehung; Jacoby, M. (1993): Übertragung und Beziehung in der Jungschen Praxis.

Autor: D. Knoll