Agieren

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Keyword: Agieren

Links: > Abwehr > Abwehrmechanismen > Aktualisieren > Inszenieren

Definition: Agieren (lat. agere: handeln) bezeichnet: 1. die motorische Aktion des Patienten als > Abwehr von sprachlicher Bearbeitung, Wahrnehmung und Bewusstwerdung im therapeutischen Prozess und 2. die > Inszenierung (> Wiederholen) einer belastenden oder konflikthaften Beziehungserfahrung in der therapeutischen Beziehung (> Beziehung, therapeutische), um Erinnerung zu vermeiden (> Übertragung). Im weiteren Sinne ist es eine Bezeichnung für neurotisch determiniertes Handeln aufgrund bewusster Impulse im täglichen Leben, z. B. Symptombildung bei Konversionsneurosen (> Konversion. An die Stelle des sprechenden Erzählens, des bewussten Wahrnehmens und Reflektierens tritt eine symbolische primärprozesshafte (> Primär- und Sekundärprozess Mitteilungsform.

Information:.

Während der Begriff des Agierens früher meist abwertend gebraucht wurde, um einen > Widerstand, einen > Abwehrmechanismus oder ein anderes unanalytisches Patientenverhalten zu charakterisieren, werden heute zunehmend interaktive Beschreibungen und prozessorientierte Differenzierungen vorgenommen. Wurde früher Agieren als Verweigerung von Kommunikation durch Wechsel von der sprachlichen auf die motorische Ebene verstanden, so spricht man jetzt von „joint creations“ zwischen Patient und Analytiker, der seinerseits „Koproduzent von Inszenierungen“ ist. Mit seinem Handeln zeigt der Analytiker dem Patienten, wie er das versteht, was geschieht (Streeck, 1998). Genaue Untersuchungen von Therapieinteraktionen zeigen das beiderseitige „Mikro-Agieren“ (Treurniet, 1996), subtile unterschwellige sprachliche oder nicht-sprachliche Phänomene zwischen Therapeut und Patient in Gestik, Sprechmodus und Frequenz sprachlicher Mitteilungen, Mimik usw. Mikroagieren ist nicht symbolisch-interaktiv, sondern will Interaktionen induzieren. Unter „Enactment“ werden symbolische, nichtsprachliche Interaktionen zwischen Analytiker und Patient verstanden, die für beide eine unbewusste Bedeutung haben. Es geht um Verhaltensweisen des Patienten, die von der unbewussten Absicht getragen sind, eine korrespondierende Reaktion beim Analytiker auszulösen (Streeck, 2000).

Während der traditionelle Begriff des Agierens ein „Diagnostizieren“ des Agierens als Quasi-Symptom nahe legt, das durch Entziehen der Szene und Versprachlichung zu „behandeln“ ist, kommt es nach der neueren Auffassung, die auch nonverbale Kommunikationsangebote berücksichtigt, darauf an, Agieren differenziert zu beschreiben und im Prozess zu verstehen. Dies erfordert auch klinische sowie metapsychologische Kriterien zur Abgrenzung vom > Inszenieren.

Literatur: Streeck, U. (2000): Erinnern, Agieren und Inszenieren.

Autor: E. Frick