Wiederholen

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Keyword: Wiederholen

Links: > Individuation > Integration > Körper > Lernen > Religion > Ritual > Ritualisieren > Sinn > Wiederholung/Wiederholungszwang > Zwang

Definition: Wiederholen ist ein Grundprinzip des Lebens, ein Durchlaufen zyklischer Rhythmen, Ordnungen und Kreisläufe (Werden und Vergehen, kosmische Zyklen, planetare Kreisläufe, Jahreszeiten, Tageslauf, Ebbe und Flut, vegetative Zyklen, Atem- und Herzrhythmus). Die Evolution ist ein sich, über unendliches Wiederholen gleicher bzw. ähnliche Muster entwickelnder, Prozess. Das Wiederholen von Emotionen, Erinnerungen, Gedanken, Handlungen und Ereignissen ist die Basis jeder > Analyse, jedes Bewusstmachens, > Durcharbeitens, Lernens, Reifens, jeder > Individuation. Die meisten Lernerfahrungen (von Situationen höherer emotionaler Aufladung, wie z. B. traumatischen Erlebnissen oder Glückserfahrungen abgesehen) benötigen ein Wiederholen, damit sie dauerhaft verankert und zu einer relativ stabilen Struktur werden können. Durch das Wiederholen werden neue Erfahrungen und Erkenntnisse vertraut und versteh- und integrierbar. Durch Wiederholen kann ein Prozess geübt und einverleibt werden, damit wird er zur Gewohnheit - etwas geht locker von der Hand - aber auch zu einer körperlichen Erfahrung, die sich gemeinsam mit der seelischen zu einer ganzheitlichen Erfahrung verbindet. Wiederholen ist ein Prozess der Intensivierung, eines Verstehens jenseits des oberflächlichen, funktionalen Geschehens.

Information: Als meditativer Prozess wirkt Wiederholen konzentrierend, als ritueller Prozess (> Ritual) bewusstseinserweiternd. Sich auf wiederholendes Üben einzulassen, erzeugt Sicherheit und Vertrauen. Übende, körperorientierte Therapieverfahren wie therapeutischer > Tanz, Qigong, Taiji, Yoga (> Körperpsychotherapie > Tanztherapie) wirken über das Wiederholen regulierend auf > Körper, > Seele und > Geist ein und erleichtern es, sich für Veränderungen zu öffnen. Schwierige Lebensschritte können wiederholend geübt und vertraut werden. Ängste werden dadurch abgebaut. Das Wiederholen führt von außen nach innen, vom rein funktionalen Bewegungsablauf hin zu einem Verstehen von innen heraus, einem Zugang zum eigenen tieferen Wissen (> Stimme, innere). Religiöse Erfahrungen (> Religion) bedürfen des Wieder-Holens: "Das ist der Sinn des Wortes religio, ein sorgfältiges Beobachten und Inbetrachtziehen (von religere) von göttlichen numina." (Jung, GW 11, § 982) Wiederholen im Sinne von religio bedeutet sich Rückbesinnen auf zu erschließende und zu entschlüsselnde Kräfte aus der Tiefe des persönlichen (> [[Unbewusstes, persönliches) wie des kollektiven Unbewussten. (> Unbewusstes, kollektives).

Daneben gibt es auch das Erleben eines routine- und gewohnheitsmäßigen oder gar zwanghaften Wiederholens, das Ausdruck einer > Abwehr, einer fehlenden > Kreativität und Wandlungsbereitschaft sein und in > Langeweile und > Depression münden kann.

Diskussion: keine

Literatur:

Autor: G. Hammerstein