Zwang
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Definition:Unter Zwang (ahd. twingen, zwingen: zusammendrücken, einengen) wird umgangssprachlich meist eine unumgängliche Pflicht oder Verpflichtung verstanden, deren Ausführung eigentlich abgelehnt oder verweigert, aus Angst vor negativen Konsequenzen und Strafe aber doch durchgeführt wird. Zwang ist mit einem Gefühl von innerem oder äußerem Druck, Nötigung und Erleben von Ohnmacht (> Macht > Minderwertigkeit) verbunden und erzeugt Angst, Widerstand und Aggression. In der Psychopathologie wird als Zwang ein psychischer Vorgang verstanden, der sich in einem Menschen durchsetzt und ihn zwingt, etwas zu tun oder zu denken, dass er eigentlich ablehnt, als unverständlich oder unsinnig erlebt. Ein Zwang kann sich als Zwangsvorstellung, Zwangsimpuls, Zwangsgedanke und Zwangshandlung äußern. Versucht der Betroffene, sich dem Zwang zu widersetzen, entsteht Angst. Am deutlichsten stellt sich der Zwang in der Zwangsneurose (> Neurose) dar, in der der Zwang als ich-dyston erlebt wird.
Information:Unter dem Aspekt der finalen Bedeutung und des Sinnes gesehen kann im Zwang ein ursprünglich positiver Versuch der Psyche liegen, Sicherheit, Struktur, Ordnung und Sinn zu erleben. Unter der Perspektive des Ganzheits- und Polaritätsprinzip (> Ganzheit > Polarität) verhalten sich Einengung, Beschränkung, Kontrolle Triebfeindlichkeit, Pflicht, Enge, Starre des Zwanges mit ihren positiven Aspekten von Nähe, Bindung, Struktur, Sorge und Verantwortung antipodisch zu befürchteter Bindungs- und Beziehungslosigkeit, Unverbindlichkeit, Chaos, Uferlosigkeit, Überschwemmung, Verwahrlosung und Zerfall mit den positiven Möglichkeit der Spontanität, der Kreativität, der Wandlung und den Möglichkeiten des Tricksters zum Übergang. Wenn nicht der Abwehrcharakter im Vordergrund steht, ermöglicht das im Zwang sichtbar werdende ritualisierte Wiederholen die Übung, Gestaltung, Strukturierung und > [[Integration unbewusster Inhalte und damit ein stabiles lebendiges System. Bekommt das > [[Ritual den Charakter der Abwehr, schaltet der Zwang sowohl das Ich wie auch lebensnotwendige kreative Impulse des > [[Unbewussten aus und das stabile System erstarrt. Der Zwang als Symptom ist eine neurotische Kompromissbildung (> Neurose > Zwangsneurose), an der unterschiedliche Abwehrmechanismen, wie z. B. Intellektualisierung, Affektisolierung, Reaktionsbildung, Ungeschehenmachen, Verschiebung des Affektes u. a. beteiligt sind.
keine
Literatur:Mentzos, S. (1984): Neurotische Konfliktverarbeitung.; Neumann, E. (1953 a): Kulturentwicklung und Religion; Quint, H. (1988): Die Zwangsneurose aus psychoanalytischer Sicht.
Autor:A. Müller