Zeit: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr

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Definition:Zeit - die indogermanische Wurzel bedeutet teilen, zerschneiden, zerreißen, trennen - bedeutet ursprünglich Abgeteiltes, Eingeteiltes, Abgemessenes auch Abschnitt und ist etymologisch auch verwandt mit Ziel als einem räumlichen oder zeitlichen Endpunkt. Zeit ist eine Periode oder eine Abfolge von Handlungen oder Ereignissen und prägt das alltägliche Lebensverständnis und Lebensgefühl. Das Phänomen der Zeit als fundamentale menschliche Erfahrung und Daseinskategorie beschäftigt Philosophen (> Philosophie), Theologen (> Religion) und Naturwissenschaftler seit Jahrtausenden. Zeit wird im philosophischen Denken als das Werden, Dahinfließen und Vergehen der Welt und ihrer Erscheinungen im Gegensatz zur göttlichen Ewigkeit beschrieben. Eine rationalistische Sicht kann Zeit objektiv messbar erscheinen lassen, das Individuum erlebt sie als subjektive und eigene Zeit und als innere Gegebenheit. "Zeit ist eine der Grund legenden archetypischen Erfahrungen der Menschheit." (v. Franz, 1990, S. 5]])

Information:Stehen am Anfang des Zeitbewusstseins vermutlich die Rhythmen der Natur und des menschlichen Lebens, ausgespannt zwischen Leben und Tod, so entwickeln sich im Laufe der Jahrtausende weitreichenden Gedanken über Zeit und Ewigkeit, zu Gedanken "vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (Jaspers) und zu den christlich-jüdischen Vorstellungen von Anfang und Ende der Welt (> Mythos). In der antiken Welt ist die Zeit immer mit Göttern gleich gesetzt worden: Die Griechen sehen im Fluss Okeanus den Fluss der Zeit; in Indien repräsentiert Shiva in seinem Tanz die ewige Energie der Schöpfung, Erhaltung und Zerstörung der Welt. Shiva heißt auch Maha Kala: große Zeit oder Kala Rudra: verschlingende Zeit. Die schwarz-blaue Farbe der Göttin Kali symbolisiert den Tod und die Zeit. In der modernen > Physik wird die Frage nach einer absoluten Zeit (Newton), einer linearen Zeit oder einem Zeitraum verbunden mit einer differenzierten Zeittheorie diskutiert. Immer bleibt die große, ja paradoxe (> Paradoxie) Diskrepanz zwischen der Alltagszeit des subjektiven Erlebens, der messbaren Zeit und der Erkenntnis, dass die Zeit keine unabhängige, eigenständige Größe, "sondern nurmehr Teil eines vierdimensionalen Kontinuums namens Raumzeit" ist. (vgl. Hawking, 2001, S. 117). So entwickeln sich Begriffe und Vorstellungen eines Zeitpfeils, der imaginären Zeit, der Zeitreisen in die Zukunft und in die Vergangenheit, usw.

In der praktischen therapeutischen Arbeit, die sich ausschließlich mit dem persönlichen Erleben befasst, gelten nach wie vor die Zeitdimensionen Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Der Verdienst der > Psychoanalyse ist es nach wie vor, die große Bedeutung der persönlichen und familiären Vergangenheit erfasst zu haben. die > Analytische Psychologie hat sich immer auch und vielleicht sogar vorzugsweise mit der Zielgerichtetheit des Lebens, seiner > Finalität und der Gegenwart beschäftigt und den Aktualkonflikt (> Aktualisierung) in den Mittelpunkt gestellt: Das Wichtigste, nämlich der Konflikt und seine Anforderungen, das Dynamisch liegen in der Gegenwart und erst die Einsicht in die Bedeutung des Aktuellen ist wirkliches Verständnis. Die praktische Psychotherapie arbeitet immer mit einem linearen Zeitmodell - der therapeutische Prozess hat einen Anfang und ein Ende, ein Ziel. Er braucht Zeit und Entwicklung (> Individuation) bedarf des richtigen Zeitpunktes - doch sind gleichzeitig die Zeitlosigkeit des Unbewussten, die Relativität der Zukunft im Vorherwissen der Träume (> Initialtraum) und die punktuelle Aufhebung der Zeit in der von Jung beschriebenen > Synchronizität wesentliche Aspekte des Zeitverständnisses der Analytischen Psychologie: "Dem Laien in diesen Dingen ist die Vorstellung der Identität eines unzeitlichen und ewigen mit einem einmaligen historischen Ereignis stets schwer gefallen. Er muss sich aber an den Gedanken gewöhnen, dass Zeit ein relativer Begriff ist und eigentlich ergänzt werden sollte durch den Begriff einer gleichzeitigen.. Existenz aller geschichtlicher Vorgänge. Was im Pleroma als ein ewiger 'Vorgang' vorhanden ist, das erscheint in der Zeit als aperiodische Sequenz, d. h. in vielfacher unregelmäßiger Wiederholung." (Jung, GW 11, § 629]]). Damit schließt das Nachdenken und Beobachten der Analytischen Psychologie an die antike Philosophie, die Religionsgeschichte und die moderne Physik an, ebenso auch an die großen Fragen und Erlebnisse der > Mystik, insbesondere an Meister Eckehart: "solange der Mensch Zeit und Raum hat und Zahl und Vielheit und Menge, so ist er ungerecht dran und ist Gott ihm fern und fremd" (.. 205]]).

Literatur:Franz, M. -L. v. (1990]]): Zahl und Zeit; Franz, M. -L. v. (1992): Zeit - Strömen und Stille; Seifert, A., Seifert, T. (2001): So ein Zufall!

Autor:T. Seifert