Wunscherfüllung

Aus aip-lexikon.com
Version vom 17. Juli 2024, 13:28 Uhr von de>Anlumue (1 Version importiert)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springenZur Suche springen

Links: > Bedürfnishierarchie > Es > Fantasie > Primär/Sekundärprozess > Traum

Definition:Der Wunsch - die indog. Wurzel: umherziehen, streifen, etwas suchen oder trachten bezieht sich ursprünglich vermutlich auf die Nahrungssuche und auf kriegerische Aktivitäten - scheint eine archetypische Grundgegebenheit des Menschen und ein zentrales Motiv seines Handelns zu sein (> Bedürfnishierarchie > Interesse > Instinkt > Macht > Wille). Etymologisch verwandt sind dem Begriff u. a. Verlangen, Begehren und Lust (vanas) sowie > Liebe und Liebesgenuss (venus, veneris), außerdem Bedeutungsübergänge zu hoffen und erwarten. In vielen [[Märchen wird das Wünschen und die Erfüllung von Wünschen in seinen positiven wie negativen, seinen hilfreichen und hoffnungsvollen wie auch seinen triebhaften, gierigen, machtvollen, aggressiv-verwünschenden Aspekten variantenreich dargestellt.

Die Entdeckung der Bedeutung des unbewussten Wunsches (> Unbewusstes) und der Wunscherfüllung spielt eine zentrale Rolle in S. Freuds Theorie des > [[Traumes und in seinem Triebmodell (> Psychoanalyse). Träume werden als Wunscherfüllung verstanden. Mit Wunscherfüllung wird dabei der psychologische Vorgang bezeichnet, bei dem ein Wunsch von der Psyche behandelt wird, als sei er schon in Erfüllung gegangen.

Information:In seinem Triebmodell (> Energie > Libido > Sexualität > Triebentwicklung, Phasen der) versteht Freud die Triebkraft als vererbte, aus der Körperorganisation stammende Kraft, die dazu diene, die somatischen Spannungen des Organismus abzuführen. Das Trieb-Ziel besteht im Wiederherstellen des inneren Gleichgewichtszustandes, psychologisch in der Erfüllung eines Wunsches, bzw. im Erleben einer Befriedigung, die mithilfe eines Triebobjektes (> Objekt) erreicht werden kann. Die durch körperliche Bedürfnisse entstandene innere "nervöse" Erregung - Freud führt erst später den Begriff des Triebes für den der Erregung ein - sucht sich einen Ausweg über Motilität, die auch als Ausdruck der Gemütsbewegung verstanden werden kann, etwa wenn ein hungriges Kind hilflos schreit und zappelt. Eine Wendung kann eintreten, wenn beim Kind durch fremde Hilfeleistung die Erfahrung des Befriedigungserlebnisses gemacht wird, das den inneren Reiz aufhebt. Fortan wird als erster psychischer Tätigkeit das Erinnerungsbild, z. B. die Nahrung mit der Gedächtnisspur der Bedürfniserregung und -befriedigung verknüpft werden. "Eine solche Regung ist es, was wir einen Wunsch heißen, das Wiedererscheinen der Wahrnehmung ist die Wunscherfüllung und die volle Besetzung der Wahrnehmung von der Bedürfniserregung her der kürzeste Weg zur Wunscherfüllung." (Freud GW, 2/3, S. 571]]) Für Freud zielt also die erste psychische Tätigkeit auf die Wunscherfüllung. Wunscherfüllungen finden sich auch bei hysterischen Symptomen (> Hysterie), symbolischen Handlungen (> Symbol) und vor allem in > Fantasie und > Traum. Die Entwicklung der > [[Persönlichkeit setzt nach Freud adäquate Wunschbefriedigung voraus, was auch den Verzicht auf Wunschbefriedigung - damit den Übergang vom Lust- zum Realitätsprinzip - beinhalte. Der misslungene Verzicht auf archaische Formen der Wunschbefriedigung im Falle der > Neurose führe zu einem besonders rigiden, allerdings auch brüchigen Abwehrsystem (> Abwehr) gegenüber den Triebwünschen. Bei der Perversion würden archaische Triebwünsche tendenziell ausgelebt, bei der > [[Psychose halluzinatorisch befriedigt.

In der > Analytischen Psychologie wird nicht ausgeschlossen, dass in Träumen oder Symptomen Wunscherfüllung liegen kann, aber die ausschließliche Deutung der Träume als infantile Wunscherfüllungen wird nicht akzeptiert, statt dessen wird der energetische und kreative Aspekt des Wunsches und der final-prospektive Charakter von Wünschen und Symptomen in den Mittelpunkt gestellt.

Literatur:Mertens, W. (Hrsg.]]) (1993]]): Schlüsselbegriffe der Psychoanalyse.

Autor:H. Obleser