Integration
Keyword: Integration
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Definition: Unter Integration (lat. integratio: Einbeziehung, Vervollständigung) wird allgemein die Herstellung einer Einheit, die Eingliederung in ein größeres Ganzes verstanden.
Intergration scheint in den letzten Jahrzehnten ein paradigmatischer Begriff geworden zu sein, der sich in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens und der Wissenschaft durchsetzt. Dahinter steht die archetypische Idee der Vereinigung von Polaritäten (> Polarität) zur > Ganzheit.
Information: In der Psychologie bezeichnet Integration das ganzheitliche Zusammenwirken verschiedener psychischer Aspekte und Funktionen. Mangelnde Integration gilt oft als Hinweis auf Erkrankungen, Defekte oder Auffälligkeiten, weshalb die Begriffe Integration, > De(s)integration und > Dissoziation auch in der Psychopathologie wichtig sind.
Intergration wird aber auch für interpersonelle Prozesse verwendet, in denen psychische, physische, soziale und ökologische Komponenten zu einem Ganzen beziehungsweise zu einer Gestalt oder einer übergreifenden Organisationsform zusammengefasst werden. In der Integrativen Psychologie und Psychotherapie (> Integrale Psychologie > Integrative Psychologe/Psychotherapie) wird der Versuch unternommen, aus verschiedenen psychologischen Theorien und Systemen die allgemeingültigen und brauchbaren Elemente herauszuziehen und zu einem flexiblen Ganzen zu verbinden.
In der Analytischen Psychologie (> Analytische Psychologie) bezieht sich die Intergration, die von C. G. Jung als Hauptoperation bezeichnet wird, meistens auf ein Bewusstmachen unbewusster Persönlichkeitsaspekte und Inhalte (z. B. Komplexe, Schatten-Anteile, Anima/Animus-Aspekte (> Komplex > Schatten-Anteile > Anima/Animus: Klassische Auffassung). Diese Inhalte sollen möglichst ganzheitlich erlebt, gestaltet, verstanden, wiederholt durchgearbeitet (> Durcharbeiten > Verstehen > Wiederholung), vom Ich-Bewusstsein (> Ich/Ich-Bewusstsein) assimliert werden und damit einen Teil ihrer Fremdheit und Dissoziiertheit (> Dissoziation) verlieren. Hintergrund dieser Forderung ist die Auffassung Jungs, dass eine der wesentlichen Ursachen für psychische Störungen die Entzweiung mit sich selbst ist. Diesem Zweck der Intergration dienen die verschiedenen Methoden (> A-H-System) und Interventionen (> Intervention).
Es gibt unterschiedliche Bewusstheits- und Interventionsgrade, die aber nicht bei allen Inhalten erreicht werden können. Diese Grade reichen von einem ersten Spüren, Ahnen, Erkennen, dass man bestimmte Aspekte hat und sie zur eigenen Person gehören, über ein zunehmendes Vertrautwerden mit ihren typischen Auslösern und Erscheinungsweisen, zu einem besseren Umgehen mit ihnen bis hin zur einer vollständigen Interventionen in der Weise, dass sie aufhören, ein Problem zu sein oder man sie nicht mehr abwehren muss und selbstverständlich mit ihnen leben kann. Sie gehören dann zum "normalen" bewussten Erlebens und Verhaltensrepertoire. Insbesondere bei den Schattenaspekten besteht häufig die Auffassung, Interventionen würden dazu führen, dass sie sich dann auflösen oder wenigstens deutlich geringer würden, womit man dann das Problem des Schlechten und Bösen überwunden hätte. Das ist aber häufig nicht der Fall. Es ist oft schon eine hohe Interventionsleistung, wenn man eingestehen kann, dass diese Mängel und unangenehmen Eigenschaften zu einem selbst gehören und man sie nicht mehr auf andere Menschen projiziert oder irgendwie anders schädlich abwehren muss. In diesem Fall heißt Interventionsleistung dann, mit diesen Seiten zu leben, um ihre Realität zu wissen, auch wenn sie ihre Schattenhaftigkeit oder Dunkelheit beibehalten. Auch viele andere Aspekte sind grundsätzlich nicht vollständig in dem Sinne intergrierbar, dass sie ganz bewusst gemacht werden könnten und man dann konflikt- und mühelos mit ihnen umgehen könnte. "Die großen Lebensprobleme sind nie auf immer gelöst. Sind sie es einmal anscheinend, so ist es immer ein Verlust. Ihr Sinn und Zweck scheint nicht in ihrer Lösung zu liegen, sondern darin, dass wir unablässig an ihnen arbeiten." (Jung, GW 8, § 771)
Literatur: Wilber, K. (2000): Integrale Psychologie.
Autor: L. Müller