Rivalität

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Keyword: Rivalität

Links: > Aggression > Eifersucht > Geschwisterbeziehung > Heros-Prinzip > Neid

Definition: Der Begriff Rivalität (lat. rivalis: Nebenbuhler) bedeutet ursprünglich "zum (gleichen) Bach gehörig" (lat. rivus: Bach, Kanal). Die römischen Gesetze liefern die Erklärung: Es geht um die Rechte, Wasser aus dem Bach oder Kanal zu entnehmen; die Rivalen sind die Konkurrenten am gleichen Wasser. Rivalität wird oft in Zusammenhang mit > [[Eifersucht]9 und > Neid, manchmal auch synonym mit diesen Begriffen benutzt. Die frühesten Formen von Rivalität, Neid und Eifersucht finden sich zwischen Geschwistern (> Geschwisterbeziehung) und in der Rivalität um einen Elternteil (> Eltern). (> Ödipuskomplex). Rivalität unterscheidet sich jedoch deutlich von Eifersucht. Das Sprachbild "zum gleichen Bach gehörig" symbolisiert vom Gehalt her "die Erfahrung des Nebeneinanders, des anderen, der neben mir ist, mit dem ich mich auseinandersetzen muss". (vgl. Lutz, 1982, S. 58). Es geht also bei der Rivalität mehr um die Erfahrung des Nebeneinanders. Der andere wird als Person sichtbar, als Nebenbuhler, als jemand der beunruhigend oder gefährlich, aber als Gegenüber erlebt wird. Rivalität fühlen heißt also, "mich als Ich so weit begriffen zu haben, dass ich mich mit einem du kämpfend auseinandersetzen kann." (vgl. Lutz, 1982, S. 58)

Information: Ein wesentlicher Unterschied zwischen Rivalität und Eifersucht ist, dass der Rivalisierende Boden unter den Füßen hat, dass eine wie auch immer geartete positive Erfahrung des eigenen Wertes vorhanden ist (> Selbstwertgefühl) und die Bedrohung durch den anderen nicht das grundsätzliche In-der-Welt-Sein und Wertvollsein erschüttert. Rivalität kann als aktive, gelegentlich aggressive Abgrenzung (> Aggression > Autonomie) verstanden werden, während der Eifersüchtige verstärkt zu passiven, resignativ-depressiven Verhaltensweisen (> Depression > Regression) neigt. Rivalität kann gegenüber der Eifersicht als reiferes Gefühl verstanden werden.

C. Lutz meint, dass in Familien Interaktionen zwischen Geschwistern häufiger von Gefühlen der Eifersucht begleitet würden, während Rivalität eher in Beziehungen zwischen den Partnern oder in den Eltern-Kind-Beziehungen auftrete. H. Schoeck sieht in der offenen Rivalität, im ehrlichen Wettkampf, im gegenseitigen Anspornen, das Beste zu geben, das Gegenteil von Neid. Erst wenn man aufgebe, werde man vom Neid zerfressen. (vgl. Schoeck, 1982, S. 83) Aus der Sicht der > Objektbeziehungstheorie sind Neid und Rivalitätsgefühle in der frühen Kindheit wichtig zum Aufbau der eigenen Identität. (vgl. Jacobson, 1973) 

Sie werden als Aggression verstanden, die für die Abgrenzung und Selbstbehauptung, für das Sich-Wehren-Können, alles wesentliche Aspekte der Identität, wichtig sind. Aus ihrer Sicht identifiziere sich das Kind zuerst ganzheitlich mit der Mutter, während von der Auseinandersetzung mit den Geschwistern der Anreiz zur > Autonomie, zur > Individuation und Selbstwerdung komme. Der Anreiz zur Entwicklung stamme aus ständigen Auseinandersetzungen mit Geschwistern, also aus dem Rivalisieren. Rivalität wird hier verstanden als produktiver Neid. Bei der Geschwisterrivalität geht es aber nicht nur um Individuation und um auseinandersetzende "rivalisierende Weiterentwicklung", es geht auch um weiterentwickelnde > Identifikation (vgl. Kast, 1996, S. 134)

Literatur: Kast, V. (1996 a): Neid und Eifersucht; Petri, H. (1994): Geschwister-Liebe und Rivaliät; Schoeck, H. (1977): Der Neid und die Gesellschaft.

Autor: A. Kuptz-Klimpel