Traumatherapie
Keyword: Traumatherapie
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Definition: Die Erkenntnisse der Analytischen Psychologie über die bipolare Natur der Archetypen und die Annahme eines heilen und ganzheitlichen Selbst können in der Behandlung von traumatisierten Patienten (> Trauma) genutzt werden, um destruktive persönliche Lebenserfahrungen zu kompensieren. In archetypischen Erfahrungen - wie sie in Imaginationen gemacht werden - können auch tiefe Verletzungen in bildhafte und sprachliche Bereiche integriert werden.
Nach neurobiologischen Erkenntnissen ist die Erfahrung eines Traumas vor allem senomotorisch und bildhaft gespeichert und so vom verbalen und explizit logischen Gedächtnis abgespalten. Insbesondere wegen ihrer Möglichkeit, bildhaftes Denken, Verhaltensinszenierungen und Körperempfindungen mit der Sphäre des sprachlichen Ausdrucks und rationalem Verstehen zu verbinden, eignet sich eine imaginative Therapieform besonders für die Traumatherapie. Das Konzept einer imaginativen Traumatherapie, wie es z. B. in der > Katathym-imaginativen Psychotherapie Verwendung findet, beruht auf den Säulen 1. Beziehungsherstellung; 2. Stabilisierung und 3. Traumaintegration.
Information: 1. Innerhalb einer strukturierten Vorgehensweise erfährt der Patient einerseits optimalen Schutz, andererseits Anregungen und Möglichkeiten zur Ich-strukturellen Nachreifung. Patienten mit Posttraumatischem Belastungssyndrom sind in erhöhtem Maße anfällig für Überflutung, Flash-back-Erlebnisse und Retraumatisierungen. Durch speziell geeignete Stabilisierungsmotive - etwa geschützter Ort; Blume am sicheren Ort; innere Helfer; weise Gestalt; Tempel der Stille - wird diesem Punkt besonders Rechnung getragen. Diese archetypischen Motive sprechen alle Aspekte des menschlichen Daseins an. Als Grundvoraussetzung und Eingangsmotiv in der Traumatherapie wird deshalb für das gesamte weitere Vorgehen der geschützte und sichere Ort (> Temenos > Vas hermetis) etabliert. In der Art der Gestaltung und des Umgangs mit dem sicheren Ort werden einerseits diagnostische Kriterien (> Diagnostik) sichtbar, andererseits zeigen sich hier bereits erste Ambivalenzerfahrungen. Das bewusste, erwachsene Ich wird geschult und erlaubt dem Patienten eine erste korrigierende Erfahrung des Selbstschutzes. Insgesamt dienen alle stabilisierenden Motive der Förderung bisher nicht zugänglicher Ressourcen, so auch die "weise Gestalt" (> Alte/r Weise/r, > Mutter, Große > Vater, Großer), die darüber hinaus den Zugang zu spirituellem Erleben öffnet, was gerade für Traumatisierte oft sehr haltgebend sein kann.
2. Während die Arbeit in der Anfangsphase der Therapie oft gekennzeichnet ist durch positive Lebenskraft, erste Hoffnung und Vertrauen, stellt sich die daran anschließende Arbeit mit dem inneren Kind oft (> Kindarchetyp > Kind, göttliches) wesentlich schwieriger dar. Die Schwierigkeit bezieht sich vor allem auf die Arbeit mit dem "verletzten inneren Kind", das in seiner Reaktionsweise verantwortlich ist für Flash-back-Erlebnisse, Überschwemmung der Seele und Dissoziation. Dieses "verletzte innere Kind" ist gekennzeichnet durch ein Eigenleben, das sich der Beobachtung und Kontrolle durch das erwachsene, vernünftig handelnde Ich entzieht. In der Therapie gilt es, dieses innere Kind zu entdecken, sich ihm als Therapeut und Patient gemeinsam zuzuwenden, seine Verletzungen zu verstehen, anzunehmen und schließlich zu heilen. Diese Arbeit ermöglicht eine innerseelische Regression, ohne dass sich die > Regression in der Beziehung ausbreitet. Sie fördert auch die Unabhängigkeit des Patienten vom Therapeuten und führt zu einem Zuwachs an Kompetenz (vgl. Reddemann, 2001).
3. Ist das innere Kind versorgt und ein guter Zugang zu ihm möglich, kann die eigentliche Traumaintegration beginnen. In Anlehnung an das Verlaufsmodell psychischer Traumatisierungen von G. Fischer und P. Riedesser (vgl. 1999) geht es dabei um den Umgang a. mit der traumatischen Situation, b. mit der traumatischen Reaktion und c. der Veränderung des traumatischen Prozesses. In den meisten Fällen sieht die Behandlung mit der katathym-imaginativen Psychotherapie von einer Konfrontation mit dem Realtrauma wegen der, damit häufig verbundenen, Retraumatisierung ab. Dem Trauma kann auf symbolischer Ebene wesentlich schonender begegnet werden. Traumaintegration hat das Ziel der Regintegration der ehemals abgespaltenen Gefühle, vor allem der Hilflosigkeit, des Ausgeliefertseins, der Scham, der Trauer und der Wut. Alle Schritte der Traumaintegration werden auch auf kognitiver Ebene mit dem Patienten abgeklärt, um ihm Kontrolle und Selbstbestimmung über alles, was in der Therapie passiert, zu geben. Die Täterkonfrontation am Beginn der Traumatherapie erfolgt entweder auf der Symbolebene oder imaginativ mit dem realen Täter. Es geht dabei darum, dass auslösende Momente (Trigger) nicht mehr zu einer Identifikation mit dem verletzten inneren Kind führen, sondern, dass das erwachsene Ich versteht, dass es Kontrolle über sein Verhalten hat und nicht mehr schutzlos ausgeliefert ist. Die Konfrontation mit dem Täter erfolgt deswegen aus Sicht des erwachsenen Ich, das umgeben von den inneren Helfern und in der Gewissheit, dass das innere Kind an einem geschützten Ort gut versorgt ist, dem Täter heute anders begegnen kann. Die inneren Helfer sorgen dabei dafür, dass der Täter nicht zu nahe an das erwachsene Ich herankommen und jetzt als Signalangst verstanden werden kann, und gleichzeitig die vorhandenen Kräfte zu mobilisieren und sich gegen das, was schädigend ist, zu wehren. So kann der Täter in der Imagination durch die Helfer vernichtet oder sicher eingesperrt werden. Die Vernichtung dessen, was einstmals dem Kind großen Schaden zugefügt hat, ist wichtigster Bestandteil dieser Konfrontation. Im nächsten Schritt werden die, durch die traumatische Situation im traumatischen Prozess mobilisierten, Konflikte mittels weiterer Motive aus der Katathym-imaginativen Psychotherapie bearbeitet. Schließlich wird die Trauer über die Traumatisierung und deren Folgen ebenso imaginativ bearbeitet. Es geht darum, gegenüber dem Täter auszudrücken, was durch das Trauma verhindert worden ist. Schließlich wird es möglich, das Trauma wieder im Zusammenhang des bisherigen Lebens zu sehen. Die wieder mehr ressourcenorientierte Arbeit der Abschlussphase dient der Entwicklung von Kreativität und konkreter Lebensplanung.
Die Traumatherapie ist nach Durchlaufen aller oben beschriebenen Phasen beendet. Die Phasen werden aber oft mehrfach durchlaufen, auch in Therapiezyklen mit mehrmonatiger Therapieunterbrechung und erneuter Aufnahme der Therapie. Die Therapie wird immer nur so weit vorangetrieben, wie es der Patient möchte, und wie es für ihn förderlich ist. Das kann bedeuten, dass eine Therapie zum Beispiel auch nach der Stabilisierungsphase beendet wird. Immer ist es von Bedeutung, dass die Therapie nicht nur wirksam, sondern auch für Patienten und Therapeuten so schonend wie möglich ist.
Keine
Literatur: Fischer, G., Riedesser, P. (1999): Lehrbuch der Psychotraumatologie; Krippner, K. (2001): Der geistig-spirituelle Aspekt in der Traumatherapie mit der KiP; Reddemann, L. (2001): Imagination als heilsame Kraft
Autor: K. Krippner