Triade/Triangulierung: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr

Keyword: Triade / Triangulierung

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Definition: Die Triade (griech. trias: drei), als Dreizahl, Gruppe von Dreien oder Dreiheit als kleinste, das Paar oder den Gegensatz überschreitende Vielheit spielt in vielen Lebensbereichen eine zentrale, emotional hoch aufgeladene Rolle. Es kann vermittelnd, Harmonie stiftend, befreiend und erweiternd sein, wenn eine dritte Person oder Position in eine irgendwie konflikthafte Beziehung hinzukommt oder sich aus beiden entwickelt. Eine Zweierbeziehung kann sich öffnen zu einer Dreierbeziehung durch eine dritte Person, die zu beiden in Beziehung steht, sodass aus einer Paarbeziehung eine Dreierbeziehung oder Dreiecksbeziehung wird. Dieser Umstrukturierungsprozess wird in der psychoanalytischen Objektbeziehungstheorie als Triangulierung (Triangel: Dreieckbeschrieben).

Information: Die traditionelle Psychoanalyse beschreibt die Spannung und Dynamik der Dreierbeziehung im Ödipuskomplex. M. Klein hebt die Bedeutung der Vater-Kind-Beziehung schon vor der ödipalen Entwicklung ins Bewusstsein und D. Winnicott postuliert mit seiner Theorie vom > Übergangsobjekt ebenfalls, dass für die Entwicklung des Kindes zur Autonomie ein drittes Objekt (im diesem Falle des Übergangsobjekts als Stellvertreter für die abwesende Mutterhilfreich, ja notwendig sei.

Die > Objektbeziehungstheorie beschreibt die Bedeutung der Triangulierungsprozesse in den ersten Lebensjahren. E. Abelin prägt den Begriff der "frühen Triangulierung". Ausgangspunkt des Konzeptes der frühen Triangulierung ist die Vorstellung, dass das Kind sich nach einer frühen autistischen oder symbiotischen Phase in den ersten Lebenswochen allmählich in Beziehungen hinein entwickelt und dass die frühen Beziehungen zu den Objekten, die Struktur der sich entwickelnden Psyche wesentlich mitgestalten. Die Funktion des Dritten, also beispielsweise des Vaters, ist, die Zweierbeziehung mit der Mutter-Figur als alleinigem Objekt für das Kind zu ereweitern, alternatives Objekt zu sein, auf das das Kind sich beziehen kann und mit dem es Welt erfährt. Die Beziehung zum Dritten kann Unterstützung sein, wenn die Beziehung zur Mutter bzw. zum Kind gerade konflikthaft ist und ein Trennungs- oder Ablösungsschritt (> Autonomie ansteht, sie kann konflikterzeugend sein, wenn der Dritte sich in diese Zweier-Beziehung hineindrängt und von einem der Beteiligten verstärkt Aufmerksamkeit oder Interesse jeder Art fordert. Sie ist auch dann konflikthaft, wenn sich aus ihr eine feste Konstellation im Sinne von zwei miteinander gegen einen ergeben. Die frühe Triangulierung wird als Voraussetzung für die adäquate Bewältigung der ödipalen Entwicklung verstanden, ist aber nicht gleichzusetzen mit ihr, weil das Kind die Elternbeziehung zunächst noch nicht als exklusive Paarbeziehung erlebt.

Die Familientherapie nutzt die Dynamik der Triangulierungsprozesse auch in therapeutischen Interventionen: Sobald sich drei Personen im familiären System befinden, besteht die Möglichkeit, aber auch Gefahr, dass zwei zur Verminderung ihrer eigenen Spannung oder zur Verstärkung ihrer eigenen Position einen dritten mit einbeziehen. Kinder schlichten dann z. B. die Streitigkeiten ihrer Eltern, oder Väter die Streitigkeiten zwischen Mutter und Kind und kommen in einen Solidaritätskonflikt. Oder: Zwei ursprüngliche Konfliktgegner können sich plötzlich gegen den sich einmischenden Dritten solidarisieren. Familientherapeuten nutzen das als Intervention des "Dazwischengehens". Ein Therapeut kann sich nun, wenn im System zwei gegensätzliche Positionen auftreten, wechselweise mit der einen wie mit der anderen Position identifizieren, ohne dabei aber Partei zu ergreifen. So entsteht die Möglichkeit der bewussten Auflösung der Gegenpositionen und der Veränderung von Strukturen.

Die Analytische Psychologie hat sich mit der Symbolik und Dynamik der Dreizahl und der Dreierbeziehung und Trinität in den unterschiedlichsten Varianten ausführlich beschäftigt und die Bedeutung triadischer oder triangulierender Prozesse für die Ich- und Bewusstseinsentwicklung und für den therapeutischen Prozess vielfach dargestellt: Das Dritte wird als Vermittelndes, die Gegensätze Überwindendes oder Transzendierendes, als das Schöpferische und als das dynamische Neue verstanden. E. Neumann arbeitet die Entwicklung des Bewusstseins und die Entwicklung des Ichs im Individuum und die Bedeutung der Triangulierung für die Entwicklung des Kindes entsprechend aus: Damit sich das Ich (> Ich-selbst-Achse, > Ich, integrales aus seinem Enthaltensein im Selbst, im Unbewussten, in der Urbeziehung heraus entwickelt - das Enthaltensein ist dabei zunächst eine harmonische, dyadische, uroborische (> [> [Uroboros]] Situation, bedarf es eines "einbrechenden, teilweise überwältigenden Fremden oder Dritten als Unruhestifter und Motivator“. Egal ob der Unruhestifter als Entwicklungsimpuls, Trieb,  Affekt, als Äußerung des Ich-Keims oder Kerns von innen kommt oder als Außenreiz auftritt: Es entsteht Konflikt, Entzweiung, Gegensatz, Spannung, Ambivalenz, Harmonie ist gestört. Die vorher erlebte Einheit von Ich- und Selbst oder zwei Beziehungspartnern kann nun angesichts des Neuen, faszinierenden Fremden auch gefangen setzend erscheinen, sodass ein Kampf beginnt. Die Gegensatzspannung auszuhalten und dem Trennungsimpuls allein zu folgen, ermöglicht eine neue Entwicklung, schafft Autonomie, ist schöpferisch und gestaltend

In der Therapie bekommt, in diesem Sinne, die therapeutische Beziehung eine entscheidende Rolle dafür, dass ein Patient sich auf den "Heldenkampf" einlassen kann. Der Therapeut kann in der therapeutischen Beziehung als Dritter Förderer der Bewusstmachung und des Aushaltens der, vom Patienten erlebten, Konflikte werden. Er kann sich auch mit dem Patienten gemeinsam dem, zunächst bedrohlich einbrechenden, Unbewussten gegenüberstellen. Und er kann mit dem Patienten gemeinsam in das gemeinsame Unbewusste eintauchen und mit ihm gemeinsam das auftauchende Neue (die Fantasie, das Symbol) als Drittes "heraufholen" und bearbeiten.

Literatur:

Autor: A. Müller