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Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr

Keyword: Objekt

Links: > Bild > Erkenntnistheorie > Ich/Ich-Bewusstsein > Imago > Konstruktivismus > Objektbeziehungstheorie > Subjekt

Definition: Ein Objekt (lat. obicere, sich entgegenstellen: das Entgegengeworfene) ist in der Philosophie vor R. Descartes allgemein der Gegenstand, der einem > Subjekt oder vorstellenden > Bewusstsein oder Ich als solcher gegenübersteht und von ihm erfasst wird. Insofern ist das Objekt immer abhängig vom erfassenden Bewusstsein, Ich-Bewusstsein oder Subjekt. Dem gegenüber bedeutet Objektivismus die Annahme eines Objektiv-Gegebenen, das auch außerhalb einer subjektiven Erfahrungsmöglichkeit und Erfassung existiert.

Information: Seit I. Kant wird unterschieden zwischen einem realen Objekt - der Teil der Außenwelt oder äußeren Wirklichkeit, der der inneren Wirklichkeit oder dem Bewusstsein gegenübersteht - und dem idealen Objekt - das, was das Bewusstsein im Denken, als Denkgegenstand beschäftigt. Bei G. W. Hegel, im deutschen Idealismus, im Konstruktivismus wird betont, dass das Objekt als erfasster Inhalt überhaupt ein Produkt des Geistes oder Bewusstseins ist. S. Freud, der den Objektbegriff in die > Psychoanalyse einführt, die späteren Ich- und Objektbeziehungstheorien, sowie C. G. Jung und die > Analytische Psychologie verstehen den Objektbegriff in dieser Weise, nicht im Sinne einer 'säkularisierten' Verwendung als Ding, Sache, Gegenstand. Bei Freud wird das Objekt allerdings wesentlich darauf reduziert, Gegenstand der > Libido zu sein und der Triebbefriedigung (Triebobjekt) zu dienen.

Durch die, nach Freud ab den 40er Jahren des 20. Jh., in die > Psychoanalyse einfließende > Entwicklungspsychologie und später die > Säuglingsforschung (Bowlby, Mahler, Spitz, Winnicott u. a.), das Eindringen des System-Gedankens (> Systemtheorie) und Beziehungs- und Interaktions-Standpunktes (> Familie > Familientherapie), die > Ich-Psychologie seit Hartmann sowie die > Narzissmusforschung (Kohut, Kernberg et al) rücken dann die Objektbeziehungstheorien ins Zentrum der Psychoanalyse. Natürlich sind Kind wie Bezugspersonen für sich betrachtet Subjekte, als Gegenüber aber sind sie Objekte im erkenntnistheoretischen Sinn. Als Subjekt der Erfahrung kann das Kind (ebenso wie die Eltern) nur das wahrnehmen, was als Inhalt des Gegenüber in ihm - bewusst und unbewusst - aufgenommen, wahrgenommen und verarbeitet wird. Das Objekt ist also real gegeben, aber dem Subjekt oder Ich-Bewusstsein nur durch konkrete, in der > Beziehung stattfindende Vorgänge und deren psychische Verarbeitung erfahrbar. Diese Vorgänge sind durch das Objekt veranlasst - die Verhaltenstherapie könnte sagen von einer Reizquelle oder einem Stimulus ausgehend - aber wesentlich durch die psychischen Vorgänge des individuellen Subjekts gedeutet und erfahren. In diesem Sinne wird dann auch von der Bedeutung der Objektbeziehung ausgegangen.

Jung betont ebenfalls schon früh, dass ein Objekt immer nur vermittelt durch die Psyche wahrgenommen und erkannt werden kann, d. h. dass es immer nur als Vorstellung > Bild, Repräsentation oder > Repräsentanz existiert. die > Imago, das Bild oder die Repräsentanz eines objektiv gegebenen Objektes unterscheidet sich vom Objekt an sich: "Bekanntlich ist das in unserer Psyche befindliche Bild eines Objektes niemals dem Objekt absolut gleich, sondern höchstens ähnlich. Es kommt zwar durch die sinnliche Perzeption und durch die Apperzeption dieser Reize zustande, aber eben durch Vorgänge, welche schon unserer Psyche angehören und vom Objekt bloß veranlasst sind. Das Zeugnis unserer Sinne deckt sich zwar erfahrungsgemäß weitgehend mit den Qualitäten des Objekts, unsere Apperzeption aber steht unter fast unabsehbaren subjektiven Einflüssen, welche die richtige Erkenntnis eines menschlichen Charakters außerordentlich erschweren.. Man tut darum in der praktischen Psychologie gut daran, wenn man das Bild, die Imago eines Menschen streng unterscheidet von seiner wirklichen Existenz. Infolge des äußerst subjektiven Zustandekommens einer Imago ist sie nicht selten eher ein Bild eines subjektiven Funktionskomplexes als des Objektes selbst." (Jung, GW 6, § 892) Allerdings arbeiten Jung und dann auch E. Neumann - letzterer unter Einbeziehung von Bowlby, Erikson, Fordham, Klein, und Spitz - stärker den archetypischen Hintergrund auf, der die frühen Objektbeziehungen prägt. Sehr nahe sind sich, in den Vorstellungen über die Entwicklung des Ichs aus der frühen Objekt- oder Urbeziehung heraus, die Vorstellungen von M. Mahler und ihren Mitarbeitern und die von Neumann und W. Kadinsky.

Literatur:

Autor: A. Müller