Abwehrmechanismen

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Keyword: Abwehrmechanismen

Links: > Abwehr > Affekt > Coping > Kompensation > Selbstregulation > Widerstand

Definition: In der Psychoanalyse werden psychische Prozesse beschrieben, die als mehr oder weniger unbewusste Abwehrmaßnahmen verstanden werden können. Neben dem von Anna Freud dargestellten Grundgerüst von Abwehrmechanismen (Freud, A., 1936) sieht die modernere > Psychoanalyse die Möglichkeit einer Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung der Abwehrphänomene, sowie die Notwendigkeit der Untersuchung der Zusammenhänge von Abwehr- und Affekt-System und der Betrachtung der Auswirkungen der Abwehrvorgänge auf die Gesundheit und die sozialen Beziehungen. (Hoffmann, 1987, Krause et al., 1992)

Information: Psychische Abwehrmechanismen werden eingesetzt, um die Stabilität des psychischen Systems aufrechtzuerhalten. So kann zum Beispiel die kognitive Funktion des Abstrahierens zu Abwehrzwecken eingesetzt werden und heißt dann > Intellektualisierung. Die kognitive Funktion des Unterscheidens kann zu Abwehrzwecken als > Spaltung in Erscheinung treten und die Funktion der Steuerung der Aufmerksamkeit als > Verleugnung.

Man unterscheidet ferner reifere von unreiferen Abwehrmechanismen, je nachdem wie differenziert die Regulation von Konflikten bzw. Belastungen durch die Abwehr erfolgt. Reife Abwehrmechanismen verhindern, dass bedrohliche Impulse oder Ambivalenzen aus dem Unbewussten ins Bewusstsein vordringen. Unreife Abwehrmechanismen dagegen verhindern nur die Wahrnehmung des Gefahrenmoments von unpassenden (inkompatiblen) oder als gefährlich erlebten Bedürfnissen (oder allgemeiner: Informationen) oder verlagern innere Konflikte nach außen. Zu den unreifen Abwehrmechanismen werden massive Formen der > Spaltung, der projektiven Identifikation (> Identifikation, projektive, der > Projektion, der > Verleugnung sowie > Identifikation mit dem Aggressor, Depersonalisation / Derealisation und primitive > Idealisierung und > Entwertung gezählt. Zu den reiferen Abwehrmechanismen gehören: > Verdrängung, > Verschiebung, > Intellektualisierung, > Rationalisierung > Affektualisierung, (Emotionalisierung) > Affektisolierung, > Reaktionsbildung, > Sublimierung, > Ungeschehen machen, sowie leichte Formen der > Projektion, > Verleugnung, und > Spaltung.

Je nach Persönlichkeitsstruktur (> Persönlichkeit und Art der psychischen Erkrankung werden bestimmte Abwehrkonstellationen bevorzugt (z. B. bei der Zwangsstörung: > Affektisolierung, > Rationalisierung, > Verschiebung, > Reaktionsbildung, > [[Verleugnung und Ungeschehen machen; bei der> Konversionsstörung: > Identifikation, > Dissoziation, > Emotionalisierung, > Verdrängung und > Verleugnung; bei der > Depression: > Regression und > Wendung gegen die eigene Person; bei der > Phobie: Verschiebung).

Die > Analytische Psychologie hat die von der > Psychoanalyse beschriebenen Abwehrmechanismen weitgehend übernommen. Unter der Perspektive, dass Abwehrmechanismen nicht nur einer neurotisierenden „Abwehr“, sondern einer notwendigen und auch konstruktiven > Selbstregulation dienen können, erscheint es aber sinnvoll, statt von Abwehrmechanismen von Bewältigungs-, Organisations- oder Selbstregulationsprozessen zu sprechen. Darunter könnten dann auch leichter solche Vorgänge wie > Identifikation,, > Kompensation und > Sublimation gefasst werden, die immer zugleich abwehrende wie aufbauende Aspekte haben können.

Die > Analytische Psychologie hat sich speziell auch mit der > Kompensation als einem fundamentalen Regulationsprozess der Psyche, der > Projektion als einem ubiquitären Phänomen der Unbewusstheit, den narzisstischen Selbstwertregulationen (> Ichkomplex), und der projektiven Identifikation (> Identifikation, projektive beschäftigt, wobei sie insbesondere deren finalen Aspekte (> Finalität betont hat.

M. Fordham hat zudem „Abwehrmechanismen des Selbst“ postuliert und von den in der > Psychoanalyse konzeptualisierten „Abwehrmechanismen des Ich“ unterschieden. Es handelt sich um sehr frühe Abwehrmaßnahmen, die das Selbst des Kleinkindes vor Desintegration durch Über- oder Unterstimulation von außen oder innen schützen. (Fordham, 1974) Eine spezielle Form der Überstimulation von innen wird mit dem Begriff der]] > Inflation beschrieben.

Von den Abwehrmechanismen, deren Auswahl unbewusst geschieht, werden die bewusst eingesetzten Bewältigungsstrategien (> Coping) unterschieden.

Keine.

Literatur: Freud, A. (1936): Das Ich und seine Abwehrmechanismen; König, K. (1996): Abwehrmechanismen; Mentzos, S. (1988): Interpersonelle und institutionalisierte Abwehr.

Autor: B. Banholzer