Finalität

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Keyword: Finalität

Links: > Energie > Funktion, transzendente > Ich/Ich-Bewusstsein > Kompensation > Kreativität > Libido > Principium individuationis > Prozess, dialektischer > Psychodynamik > Schöpferisches > Selbst > Selbstorganisation

Definition: Finalität (lat. finis: Ziel) bedeutet in der Philosophie Zielstrebigkeit, Zweckmäßigkeit. Bei Aristoteles und in der metaphysischen Tradition hat die Ziel- oder Zweckursache (Finalursache), unter den Arten der Ursachen (Causa), eindeutig Vorrang: Alles Seiende ist in seiner Bewegung durch die Kraft seines Ziels bestimmt, das in ihm (z. B. im Samen) als vorweggenommene Zukunft schon gegenwärtig wirkt (Teleologie). C. G. Jung betrachtet das Leben als „das Teleologische par excellence“ und als „die Zielstrebigkeit selber“. Den lebenden Organismus versteht er als ein „System von Zweckmäßigkeiten, welche sich zu erfüllen trachten. Das Ende jedes Ablaufs ist sein Ziel.“ (Jung, GW 8, § 798) Auch bei psychischen Phänomenen (> Neurose > Funktion, transzendente > Individuation > Traum > Symbol > Unbewusstes) geht er von einer Zielstrebigkeit aus, die er auch „Zwecksinn“ nennt, und fordert neben der kausalen eine auf den finalen, also auf die Absicht, den Zweck, den Sinn gerichtete Betrachtungsweise. “Der Mensch ist nur halb verstanden, wenn man weiß, woraus alles bei ihm entstanden ist. Wenn es nur daran läge, so könnte er ebenso gut schon längst gestorben sein. Als Lebender ist er aber nicht begriffen; denn das Leben hat nicht nur ein Gestern, und es ist nicht erklärt, wenn das „Heute“ auf das Gestern reduziert wird. Das Leben hat auch ein Morgen, und das Heute ist nur dann verstanden, wenn wir zu unserer Kenntnis dessen, was gestern war, noch die Ansätze des „Morgen“ hinzufügen können. Das gilt von allen psychologischen Lebensäußerungen, selbst von den krankhaften Symptomen.“ (Jung, GW 7, § 67)

Information: Der finale Gesichtspunkt ist nicht verstehbar ohne die Konzeption des > Selbst, dem Jung die Priorität vor dem Ich-Bewusstsein zuspricht. “Wie das Unbewusste, so ist das Selbst das a priori Vorhandene, aus dem das Ich hervorgeht. Es präformiert sozusagen das Ich. Nicht ich schaffe mich selbst, ich geschehe vielmehr mir selber.“ (Jung, GW 8, § 798) Gleichwohl hat das Ich-Bewusstsein im Gesamt der > Selbstregulation eine wichtige Funktion (> Prozess, dialektischer). Die aus dem Unbewussten aufsteigenden Fantasien (> Fantasie) und Impulse sind zunächst ein reiner Naturvorgang „einerseits ohne Absicht, aber andererseits mit jenem potenziellen Gerichtet sein, das für jeden energetischen Vorgang [..] charakteristisch ist.“ (Jung, GW 7, § 386) Durch die Interaktion mit dem Ich-Bewusstsein kommt der potenziell gerichtete Prozess verstärkt zum Tragen. Das Ziel dieses gerichteten Prozesses, den Jung > Individuation nennt, ist die (seelische) > Ganzheit des Menschen.

keine

Literatur: Jaffé, A. (1983): Der Mythus vom Sinn im Werk von C. G. Jung.

Autor: R. Daniel