Psychodynamik

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Keyword: Psychodynamik

Links: > Abwehrmechanismen > Diagnostik > Energie > Finalität > Kompensation > Komplex > Konflikt > Libido > Neurose > Progression > Regression > Selbstregulation

Definition: Psychodynamik (griech. dynamis: Vermögen, Kraft; griech. dynamike techne: Lehre von der Bewegung bzw. Kraft) meint den Zustand und die Bewegung der psychischen bewussten und unbewussten Energien, Kräfte, Faktoren des Organismus. Zum Verständnis psychischer Prozesse und Zusammenhänge wird ein Modell benötigt, durch das die psychischen Prozesse, je nach Schule aufgefasst als > Bedürfnisse (> Bedürfnishierarchie), >Instinkte > Libido, Triebe (> Motivation > Triebentwicklung, Phasen der), Triebfedern, Antriebe oder Strebungen, in ihrem Mit- und Gegeneinander beschrieben werden können, z. B. von Triebwunsch und > [[Abwehr. Entsprechend der polaren Struktur (> Energie > Polarität) alles Seelischen ist dieses Gleichgewicht nicht stabil, sondern fließend (Fließgleichgewicht]]) und muss fortlaufend kontrolliert und auch wiederhergestellt werden. Unter einem energetischen Notstand werden häufig Kompromisse erforderlich, die in Störungen und in der Bildung von Symptomen zum Ausdruck kommen und sich nach der klassischen psychoanalytischen Faustregel vollziehen: Das Symptom ist eine Kompromissbildung zwischen Impuls und > Abwehr (> Finalität). Das psychische System steht dabei vor der Aufgabe, die Vereinbarkeit von Realitätsanforderungen (> Realitätsprüfung) und seinen Bedürfnissen zu prüfen. Durch evtl. äußere Versagungen der Befriedigung (z. B. unbewältigte Konfliktsituation, wie Versuchungs-, Versagungs-, Kränkungs-, Trennungssituation u. a.) kommt es zu einer Stauung der psychischen Energie und zu einem Spannungsanstieg. Es müssen Entladungsmöglichkeiten gesucht und gefunden werden, die u. a. durch die Abwehrprozesse (> Abwehr > Abwehrmechanismen) geregelt werden. Adäquat ist eine Spannungsabfuhr aus Sicht der psychoanalytischen Theorie dann, wenn sie den Anforderungen des > Es, des > Über-Ich, des > Ich und der Realität entspricht.

Information: Gemäß der Grundauffassung der Analytischen Psychologie ist die Psyche ein sich selbst regulierendes System (> Kompensation > Selbstregulation) mit der Tendenz, sich zu entwickeln und ausgewogene Zustände von Unbewusstem und Bewusstem anzustreben. In diesem Sinne kann die > Neurose ein solcher Korrekturversuch sein, indem auch ein wichtiger impuls zur Weiterentwicklung enthalten ist. Besonders das theoretische Konzept der Komplexbildung (> Assoziationsexperiment > Komplex) wird in besonderem Maße den Bedingungen der Psychodynamik gerecht. Die um einen affektbetonten (> Affekt) Bedeutungskern aufgebauten Energiezentren resultieren vermutlich aus einem z. B. schmerzhaften Zusammenstoß des Individuums mit Anforderungen oder Ereignissen in der Umwelt. Die Komplexreaktionen haben durch ihren emotionalen Gehalt (> Emotion) auch körperliche Auswirkungen (> Psychosomatik). So sind sie in besonderer Weise an den psychodynamischen Vorgängen beteiligt. In diesem Sinne ist jede Kompromissbildung, jeder Lösungsversuch ein Folgezustand von komplexen Verarbeitungsvorgängen, die je nach theoretischer Betrachtungsweise etwas anders beschrieben werden, immer jedoch die psychodynamischen Verhältnisse widerspiegeln. Die Neurose ist unter dynamischer Sicht ein Problemlösungsversuch bei inneren Konflikten und der Konflikt eine Störung im Fluss der psychischen Energie.

Im Rahmen einer analytischen Therapie werden aufgrund des therapeutischen Prozesses (> Beziehung, therapeutische > Diagnostik > Progression > Prozess, dialogischer > Psychotherapie, analytische > Regression > Übertragung > Widerstand) fortlaufend psychodynamische Hypothesen gebildet und überprüft. Diese Hypothesen sollen helfen, die ursprünglichen Konflikte wie auch deren Weiterentwicklung und Wiederholung in der Aktualität bewusst zu machen, die früheren Konfliktlösungsansätze auf ihre Zweckmäßigkeit, die neurotische Entwicklung auf ihren latenten Sinn hin zu überprüfen und adäquatere Alternativen der Konfliktlösung zu finden.

Keine

Literatur: Dieckmann, H. (1991): Komplexe; Fischer, G., Riedesser, P. (2003): Lehrbuch der Psychotraumatologie; Kast, V. (1990): Die Dynamik der Symbole.

Autor: H. Obleser