Allgemeine Psychotherapie
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Definition: Die Allgemeine Psychotherapie wurde von K. Grawe und seinen Mitarbeitern aus der Zusammenschau vieler Therapiestudien gewonnen und stellt eine integrative Psychotherapie dar. Sie basiert auf vier Prinzipien, durch die wirkungsvolle Psychotherapien gekennzeichnet sind.
Information: Die vier Prinzipien der Allgemeinen Psychotherapie sind: 1. Ressourcenaktivierung: Eine wirksame Therapie unterstützt die positiven Möglichkeiten, Eigenarten, Fähigkeiten und Motivationen des Patienten. Dies erfordert, dass ein guter Teil der psychotherapeutischen Diagnostik wie auch der psychotherapeutischen Interventionen darauf abzielt, die konstruktiven und schöpferischen Potenziale des Patienten herauszufinden und zu fördern. Eine der wichtigsten Ressourcen, die für den therapeutischen Veränderungsprozess genutzt werden sollten, sind die zwischenmenschlichen Beziehungen des Patienten wie die Beziehung zum Therapeuten. Für ein gutes Therapieergebnis spielt es nach Hunderten von Forschungsbefunden eine sehr wichtige Rolle, in welchem Ausmaß der Patient seinen Therapeuten als ihn unterstützend und in seinem Selbstwertgefühl aufbauend erlebt. Dabei kommt es vor allem darauf an, in welchem Ausmaß der Patient sich selbst als fähig zu einer guten Beziehung erleben kann. Eine optimale Nutzung dieses Wirkfaktors verlangt auch, dass der Therapeut sich in seinen Interventionen ganz auf die Möglichkeiten und Eigenarten des Patienten einstellt. Die hier beschriebenen Aspekte der Ressourcenaktivierung spielen in der > Analytischen Psychologie schon immer eine zentrale Rolle, beispielsweise in den Konzepten der dialektischen Beziehung (> Beziehung, Beziehung, therapeutische), der > Individuation, der schöpferischen > Selbstregulation, dem finalen, prospektiven, teleologischen Gesichtspunkt (> Finalität), indem sie schon immer vom einzelnen Patienten und seiner individuellen Wahrheit und seinem individuellen Möglichkeiten ausgeht.
2. Problemaktualisierung: Was verändert werden soll, muss in der Therapie real erlebt werden. Die Aktualisierung (> [[A-H-System) der zentralen Konflikt- und Komplexthemen findet in der Analytischen Psychologie in vielfältigen Formen statt: In der therapeutischen Übertragungs-Gegenübertragungssituation, in der Imagination, in der Traumarbeit und den zahlreichen gestalterischen Methoden (z. B. > Malen aus dem Unbewussten > Sandspieltherapie > Symbolarbeit). Wenig ausgeschöpft wurden von der Analytischen Psychologe bislang aber gruppentherapeutische Ansätze (> Gruppenpsychotherapie in Hinblick auf soziale Konflikte oder übende Verfahren (> Verhaltenstherapie > Mentales Training und in Hinblick auf konkrete Lerndefizite oder umschriebene Angstsymptome.
3. Aktive Hilfe zur Problembewältigung: Dem Patienten wird aktiv dabei geholfen, die Zustände, Schwierigkeiten, Probleme, unter denen er leidet, besser zu bewältigen. Auch wenn es für manche Kritiker der analytischen Psychotherapieformen so aussehen mag, dass dieser Wirkfaktor die zentrale Domäne der > Verhaltenstherapie ist, so finden sich doch die wesentlichen Aspekte dieses Faktors auch in der Psychoanalyse und der Analytischen Psychologie. Natürlich geht es dort immer auch um eine bessere Bewältigung aktueller Lebenssituationen, allerdings mit der Unterstützung durch ein Verständnis bisher unbewusst ablaufender Motive und Widerstände, die eine bessere Konfliktlösung bisher verhindert haben und unter Einbezug schöpferischer Lösungsansätze aus dem Unbewussten.
4. Therapeutische Klärung: Unter der Klärungsperspektive geht es darum, dass der Therapeut dem Patienten dabei hilft, sich über die Bedeutung seines Erlebens und Verhaltens in Hinblick auf seine bewussten und unbewussten Ziele klar zu werden. K. Grawe ist der Auffassung, dass „einsichtsorientierte“ und „übende“ Verfahren, „aufdeckende“ und „zudeckende“ Therapieformen nicht einander ausschließend gegenübergestellt, sondern miteinander verbunden werden sollten. Die Trennung dieser Aspekte liegt für ihn nicht in der Sache begründet, sondern sei eine Auswirkung der mangelhaften Reichweite der zugrunde liegenden therapeutischen Ursprungstheorien. Am wirksamsten ist für ihn Psychotherapie dann, wenn alle Wirkfaktoren in Abstimmung auf den jeweiligen Patienten und dessen Symptomatik in Betracht gezogen und systematisch genutzt werden können.
Die therapeutische Klärung ist ebenfalls ein zentraler Bestandteil der analytischen Therapieformen unter dem Stichwort: Deuten (> Deutung) mit dem Ziel, „Unbewusstes bewusst zu machen“, wobei sich dieses Unbewusste nicht vor allem auf die Kindheit und Vergangenheit richten muss, sondern auch auf aktuell gegebene Konflikte, Werte, Einstellungen und Beziehungsmuster, die dem Betreffenden in der Gegenwart nicht bewusst sind.
Obwohl K. Grawe an manchen Stellen die Analytische Psychologie wegen fehlender experimentell-wissenschaftlicher Untersuchungen kritisiert hat, zeigen diese vier Wirkfaktoren eine deutliche Nähe seines integrativen Modells zu den therapeutischen Ansätzen der Analytischen Psychologie und unterstützen sie.
Literatur: Grawe, K. (1994 a): Was sind die wirklich wirksamen Ingredienzen der Psychotherapie?; Grawe, K. (1998): Psychologische Therapie; Wagner, R. F., Becker, P. (1999): Allgemeine Psychotherapie.
Autor: L. Müller