Initiatische Therapie

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Keyword: Initiatische Therapie

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Definition: Initiatische Therapie (initiieren: den Anstoß geben, einleiten; in einen Kreis aufnehmen > Initiation) ist die, etwa seit 1951, von Karlfried Graf Dürckheim (1896 - 1988) zusammen mit seiner Lebensgefährtin Maria Hippius-Gräfin Dürckheim in Todtmoos-Rütte entwickelte Therapieform, die darauf angelegt ist, eine Erneuerung des Menschen aus seinem transpersonalen Wesen (> Transpersonale Psychologie) heraus in die Wege zu leiten. Den, in Anlehnung an J. Evola übernommenen, Begriff Initiation definiert Dürckheim mit der Wendung "das Tor zum Geheimen öffnen", wobei das Geheime letztlich der Mensch mit seinem innersten Kern und wahrem > Selbst darstellt. Wenn im selben Zusammenhang von dem Wesen der > Individualität gesprochen wird, dann ist das "überweltliche göttliche Sein in jedem Menschen" gemeint, das jeweils in eigenständiger Gestalt anwesend ist, um schließlich Mal um Mal in der Welt manifest zu werden.

Information: Initiatische Erfahrung hat somit mit einem Weg zu tun, der dort seinen Anfang nimmt, wo jemand zum ersten Mal dieser Dimension seines Wesens innewird und sich von da an einem Prozess der Wandlung unterzieht, der in die > Individuation hineinmündet. Es handelt sich um ein lebenslängliches Geschehen, das alle Situationen, Freuden wie Leiden, lichte und dunkle Momente der menschlichen Existenz umschließt und einer Transformation unterzieht. "Während der vorinitiatische Mensch, für den nur das von seinem persönlichen Erleben Unabhängige Wirklichkeit hat, Transzendenz in einen Raum außerhalb seines Welt-Ichs verlegt, erfährt der initiatisch Erwachte das überweltliche Sein innen.. Im Zuge der Entwicklung des initiatischen Menschen wird 'das Innen' begriffen als das allem Sein innewohnende Sein. Es ist das Innen, das jenseits von innen und außen im gewöhnlichen Verstande des Wortes ist. Der 'Ort' dieses Innen hat nicht mehr mit dem Räumlichen im üblichen Sinn zu tun." (Dürckheim, 1984, S. 47)

In der Initiatischen Therapie verbindet Graf Dürckheim aufgrund seiner mehrjährigen Japan-Erfahrung (1938/39 und 1940/47) westliche und fernöstliche Elemente zu einem geistig-seelisch-leiblichen Exercitium. Dazu gehört einerseits die > Analytische Psychologie, andererseits die gegenstandsfreie Meditation "im Stile des Zen". Hinzutreten verschiedene westliche und östliche Formen der Leibarbeit, die sowohl in der "existenzial-psychologischen Bildungs- und Begegnungsstätte" in Rütte als auch in den mittlerweile zahlreichen, über Europa verbreiteten Filialen, stattfindet. Über die einzelnen Stadien des Individuationsprozesses führt die Therapie zu einer Weise der Selbst-Verwirklichung, in der die "Transparenz für Transzendenz" zur Erfahrungstatsache wird, die im Alltagsleben des Einzelnen umgesetzt werden soll. Zur Orientierung gehört dabei das Basiswissen vom "doppelten Ursprung des Menschen", der einerseits in seiner naturgebundenen irdischen Welt wurzelt, andererseits für die überirdisch-transpersonale Dimension geöffnet werden soll. Mit dem Innewerden des Wesens erkennt der Mensch sich als Bürger zweier Welten: dieser raumzeitlich begrenzten und bedingten Welt und einer anderen, überraumzeitlichen, unbedingten Wirklichkeit. Beide gehören zur > Ganzheit des Menschen. Sie je in ihrem Anliegen zu erkennen und zuzulassen, ihre Gegensätzlichkeit zu durchleiden, zuletzt ihre Integration zu ermöglichen und eben darin Voll-Person zu werden, das ist Auftrag und Sinn des inneren Weges. Die Ausbildung in Initiatische Therapie erfolgt im Kontakt mit den engeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem relativ kleinen Kreis der Mitarbeiter von Graf Dürckheim und Maria Hippius. Ausbildungsziel ist nicht die Erlangung einer "Meisterschaft". Angestrebt ist eher, "initiatischer Mitarbeiter" zu werden und, vom "inneren Meister" geleitet, in freier Entscheidung das jeweilige Jetzt und Hier als einen Weg der Übung zu begreifen, sodass "Der Alltag als Übung" (1961) realisiert wird.

Literatur: Dürckheim, K. (1991): Vom doppelten Ursprung des Menschen; Schoeller, G. (1983): Heilung aus dem Ursprung; Wehr, G. (1988): Karlfried Graf Dürckheim.

Autor: G. Wehr