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Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr
Keyword: Induktion
Links: > Beziehung > Beziehung, therapeutische > Beziehungsquaternio > Identifikation > Identifikation, projektive > Partizipation mystique > Projektion > Resonanz > Übertragung/Gegenübertragung
Definition: Induktion (lat. inducere: hineinführen, veranlassen) ist ein spezieller Aspekt innerhalb der vielfältigen Phänomenologie des Übertragungs-Gegenübertragungs-Geschehens (> Übertragung/Gegenübertragung), der in der Analytischen Psychologie (> Analytische Psychologie) eine große Rolle spielt. Innerhalb der klassischen > Psychoanalyse werden die unbewussten Beeinflussungsprozesse zwischen Patient und Therapeut nicht so extensiv und nicht mit dem Stellenwert diskutiert, den die Induktion im Modell der > Beziehungsquaternio einnimmt. Der Schwerpunkt der psychoanalytischen Diskussion liegt in der Darstellung typischer, meist "unbewusster Gedankenverbindungen", "Regungen und Fantasien", vor allem aber von "Objektbeziehungsmustern" (> Objektbeziehungstheorie), welche "Neuauflagen", "Nachbildungen", dem Wiederholungszwang unterliegende komplexbesetzte Reprisen aus der Biografie des Patienten sind, die in die therapeutische Situation oder auf den Therapeuten verschoben, projiziert bzw. übertragen werden.
Information: C. G. Jung bezeichnet dies manchmal als Übertragung im engeren Sinne und erweitert den Übertragungsbegriff so, dass er alle Vorgänge einschließt, die eine > Bindung des Patienten an den Therapeuten bewirken (vgl. Jung, GW 17, § 260). Projizierte Inhalte, Gedanken oder Komplexe (> Komplex) sind mit Emotionen (> Emotion) verbunden, von denen der Patienten sich nicht befreien kann. Diese werden auch an den Therapeuten weitergegeben, sie induzieren ihn und so entsteht eine "emotionale Verbindung oder Brücke" gegenseitiger Beeinflussung ein "unauflösliches Band" zwischen Patient und Therapeut (vgl. Jung, GW 18/1, § 316f).
Jung beschränkt induktive Phänomene nicht auf die allgemein bekannte Tatsache, dass Emotionen ansteckend sind. Er ist darüber hinaus der Meinung, dass innerhalb der komplexen Phänomenologie der Übertragungen auf der induktiven Ebene die unterschiedlichen psychischen Inhalte von einem psychischen System auf das andere übertragen werden, vom Komplex bis hin zu archetypischen Konfigurationen. (> Beziehungsquaternio) Neben dem Wort Induktion gebraucht Jung synonym die Worte Affiziertsein, Ansteckung, Infektion und er hält es für ein Berufsrisiko des Therapeuten, psychisch affiziert, angesteckt, ja vergiftet zu sein. Projektionen und Übertragungen bleiben meist nicht ohne Einfluss auf den Träger der Projektion oder Übertragung, können beispielsweise eine > Inflation begünstigen. Die Gefahr der Ansteckung wird durch Komplexstrukturen des Therapeuten erhöht, die wie "offene Wunden" oder "offene Türen" (vgl. GW 18/1, § 345) wirken und die Infektionsgefahr erhöhen. Deshalb fordert Jung die > Lehranalyse, denn negative Auswirkungen der Induktion ergeben sich insbesondere dann, wenn sie im therapeutischen Prozess unbewusst bleibt. "Dann kommt es zum Zustand der Partizipation oder, genauer gesagt, zum Zustand persönlicher Ansteckung durch gegenseitige Unbewusstheit." (Jung, GW 18/1, § 323) Eine Chance, diese gemeinsame Unbewusstheit aufzulösen, entsteht, wenn der Therapeut sich bewusst machen kann - durch eine gründliche "Gegenübertragungsanalyse" - dass er affiziert ist.
Andererseits ist die unbewusste Verbindung zwischen Patient und Therapeut eine positive therapeutische Möglichkeit, wenn es dem Therapeuten gelingt, sich der vom Patient induzierten Inhalte seines eigenen Unbewussten bewusst zu werden. In diesem Sinne spricht Jung von der Gegenübertragung als "höchst wesentlichem Erkenntnisorgan" (Jung, GW 16, § 163). Der unbewusste Prozess gegenseitiger Beeinflussung hat eine große Bedeutung für den > Individuationsprozess des Patienten. Allerdings garantiert die stets vorhandene unbewusste Verbindung zwischen Patient und Therapeut nicht per se gegenseitige Wandlung. Es hängt vom Umgang mit den Übertragungsphänomenen ab, ob sie heilend wirken oder Heilung verhindern.
Literatur:
Autor: H. Schulz-Klein