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Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr
Keyword: Repräsentanz
Links: > Bild > Entwicklungspsychologie > Imago > Objekt > Symbol
Definition: Repräsentanz (lat. praesentare: gegenwärtig machen, zeigen; repraesentare: vergegenwärtigen, vorführen, darstellen) und Repräsentation werden manchmal in der Philosophie und Psychologie nicht klar voneinander getrennt oder auch synonym verwendet. W. Wundt bezeichnet in Anlehnung an A. Schopenhauer die Vorstellung oder Repräsentation als Sichvergegenwärtigen von Nichtgegenwärtigem. In der > Psychoanalyse benutzt zuerst S. Freud den Begriff der Repräsentanz Er spricht manchmal von Triebrepräsentanzen als Ausdruck der sich in der Psyche darstellenden Triebe, manchmal verwendet er den Begriff der Repräsentanz auch so, als meine er auch eine Repräsentation oder ein Abbild der Triebe.
Information: Seine heute zentrale Bedeutung gewinnt der Begriff der Repräsentanz in der > Ich-Psychologie und der > Objektbeziehungstheorie und er meint die Bilder oder Imagines (> Imago) oder Vorstellungen, die sich im Laufe der Ichentwicklung (> Ich) von der eigenen Person (> Selbstrepräsentanz) und den Bezugspersonen (> Objekt > Objektrepräsentanz) entwickeln, differenzieren und festigen (> Objektkonstanz). Im Laufe der gesunden psychischen Entwicklung werden diese Bilder immer mehr der Realität von der eigenen Person und der Realität der Bezugspersonen entsprechen können. Vor allem in der psychoanalytischen Entwicklungspsychologie von M. Mahler spielt der Begriff der Subjekt- und Objektrepräsentanzen eine zentrale Rolle.
C. G. Jung verwendet manchmal den von L. Lévy-Bruhl geprägten Begriff "représentations collectives". Damit werden mythische Ideen, Bilder, Vorstellungen bezeichnet, die eine anerkannte kollektive Bedeutung haben und gleichzeitig einen Gefühlswert (vgl. Jung, GW 6, § 838) aufweisen. Es sind allgemeinmenschliche "dominierende Vorstellungen" (vgl. GW 8, § 125f) mit oft religiösem und archetypischem Charakter (> Archetyp > Bewusstsein, kollektives > Unbewusstes, kollektives > Kollektivpsyche). Außerdem verwendet die Analytische Psychologie den Begriff der Imago. Damit ist das Bild gemeint, welches sich ein > Subjekt im Laufe der Zeit von einem > Objekt macht. Es handelt sich dabei nicht um Realabbildungen, sondern um eine Mischung aus Realität und Fantasie und um Bilder, die den Vorstellungshorizont vorprägen, mit dem man andere wahrnimmt und auf sie zugeht. (vgl. Jung, GW 6, § 759f)
E. Neumann verwendet den Begriff Repräsentation dafür, dass Instinkte bzw. inkorporierte Erfahrungen als Bilder auftauchen bzw. ein unbewusstes archetypisches Element der Psyche im archetypischen Bild ins Bewusstsein tritt, also dort eine Vorstellung von ihm vorhanden ist. Bewusstsein und Ich sind für Neumann dann vorhanden, wenn eine Handlung nicht von der unbewussten Ganzheit gesteuert zu einer unbewussten reflexhaften Instinktreaktion führt, sondern wenn eine archetypische Reaktion z. B. ein Instinkt wie Hunger als Repräsentation im Bewusstsein vorhanden ist und ein Ich-Zentrum die Repräsentation wahrnimmt und bewusst handeln kann. (Vgl. Neumann, 1949 a, S. 313f)
Vergleicht man diese Auffassung von Repräsentationen archetypischer Inhalte und den Begriff des Bildes oder der Imago bei Neumann und Jung, so kann eine deutliche Nähe zum Verständnis Freuds und auch der Ich- und Objektpsychologie festgestellt werden. Neumann nennt das Ich-Bewusstsein die oberste Repräsentanz des Persönlichkeitssystems, das sich aus dem kollektiven Unbewussten (> Unbewusstes, kollektives) und dem > Selbst heraus entwickelt hat und zu einer gewissen Stabilität und realistischen Anschauung von sich und der inneren und äußeren Welt gekommen ist (vgl. Neumann, S. 1949a, S. 343 ff.) Dazu gehört z. B. auch, dass die archetypischen Elternerfahrungen und die Erfahrungen an den realen Eltern als Objektbeziehungen voneinander unterschieden werden. Sehr starke Parallelen sind auch zwischen Neumanns Vorstellungen zur Entwicklung des Ich als Stellvertreter oder Repräsentant des Selbst aus dem Selbst heraus (> Filialisierung des Ich > Ich-selbst-Achse) und den mahlerschen Theorien zum Separations-Individuationsprozess, zur Entwicklung von Objektkonstanz und zur (zweiten) Geburt des Ich festzustellen.
Literatur: Neumann, E. (1949 a): Ursprungsgeschichte des Bewusstseins.
Autor: A. Müller