Psychodrama: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 20. Juli 2024, 12:02 Uhr

Keyword: Psychodrama

Links: > A-H-System > Aktive Imagination > Fantasie > Gruppenpsychotherapie > Imagination > Mythodrama > Ritual/Ritus > Spielen > Symbol > Traum > Traumstruktur

Definition: Das Psychodrama (griech. drama: Handlung, Geschehen; griech. dramatikos: erregende Spannung) ist von J. L. Moreno aus dem Stegreiftheater entwickelt worden. Situationen, Konflikte, > Symbole > Träume werden in dramatisches > Spiel umgesetzt. Der ganze Mensch soll einbezogen werden, Fantasien, emotionales Erleben (> Emotion), rationale Einsicht (Deutung > Logos-Prinzip), körperliche Aktion (> Körper), Bewusstes (> Bewusstsein) und > Unbewusstes verdichten sich zu einer intensiven ganzheitlichen Erfahrung (> Ganzheit). Die therapeutische Wirkung solcher im dramatischen Spiel vollzogener Handlungen ist aus den rituellen Kultfeiern (> Ritual) der Naturvölker und den antiken Mysterienspielen (> Mystos > Spiel) und Dramen (> Dichtung), wie auch der Liturgie (> Religion > Opfer) bekannt. Schon Aristoteles hat dargestellt, wie das Schauspiel die Zuschauer ergreift und auf sie kathartisch (> Katharsis) wirkt. Im Psychodrama erlebt der Mensch die therapeutische Wirkung nicht nur als Zuschauer, sondern auch direkt als Akteur. Als Akteur inszeniert er nicht nur seine individuelle Geschichte und Problematik, sondern bemüht sich auch, ohne sich vielleicht dessen bewusst zu sein, um die schöpferische Lösung (> Kreativität > Schöpferisches > Wandlungszyklus, schöpferischer) allgemeinmenschlicher, archetypischer Konflikte (> Archetyp > Komplex).

Information: Moreno sieht den Kosmos in einer beständigen Entwicklung, in die auch der Mensch immer einbezogen ist. Die Teilnahme an der schöpferischen Kraft des Kosmos ist für ihn die eigentliche Bestimmung des Menschen. Im schöpferischen Akt begegnen und erfahren sich Gott, Mensch und Kosmos. Seelische Gesundheit (> Heilen) drückt sich für Moreno darin aus, dass der Mensch zur mitmenschlichen Begegnung und zu spontanem, kreativen Handeln in seinem gegebenen, realen Umfeld in der Lage ist.

Es lassen sich drei Formen des Psychodramas unterscheiden:

1. das personenzentrierte Psychodrama, in der ein Gruppenmitglied und dessen Thematik im Mittelpunkt steht;

2. das themenzentrierte Psychodrama, in dem ein Thema oder ein symbolisches Ereignis dramatisch gestaltet und bearbeitet wird und

3. das gruppenzentrierte Psychodrama, in welchem die ganze Gruppe (> Gruppenpsychotherapie) selbst und Probleme, die sich aus dem Miteinander ergeben, zum Inhalt des Psychodramas werden.

Eine Psychodramagruppe setzt sich in der Regel aus acht bis zehn Teilnehmern zusammen, die im Halbkreis oder im Kreis den Spielraum umschließen. In der Anfangsphase (des personenzentrierten Psychodramas) stimmen sich die handelnde Hauptperson (der Protagonist), die Gruppe und der Psychodramaleiter auf die geplante psychodramatische Problembearbeitung ein. In der zweiten Phase werden die Themen inszeniert und psychodramatisch vertieft. Ein Teil der Gruppenmitglieder spielt die Personen und Symbolgestalten des Protagonisten (jeweils als Hilfs-Ich). Ein anderer Teil bleibt aktiv zuschauend als Publikum. Dieses Publikum kann den Protagonisten wie ein Resonanzboden (> Resonanz) ermutigen oder auch kritisieren, es kann auch spontan mitmachen z. B. beim Doppeln. Beim Doppeln kann ein Teilnehmer sich hinter den Protagonisten oder einen anderen Spieler stellen und dessen Gefühle und Emotionen ausdrücken. Dieser "Doppelgänger" repräsentiert so etwas wie eine unbewusste andere Seite des Protagonisten.

Eine weitere wichtige Technik ist das > Spiegeln. Dabei löst ein Gruppenmitglied den Protagonisten vorübergehend ab und wiederholt die letzte Szene noch einmal so genau wie möglich. Auf diese Weise sieht der Protagonist sich und sein Verhalten in einem anderen Spieler "gespiegelt" und kann die Wirkung seiner Wesens- und Verhaltensart bewusster wahrnehmen.

Als letzte Haupttechnik sei noch der Rollentausch genannt. Der Psychodramaleiter veranlasst den Protagonisten, die Rolle mit einem Mit- bzw. Gegenspieler zu tauschen und sich mit diesem zu identifizieren (> Identifikation). Dadurch erlebt der Protagonist die Situation aus der Sicht des anderen. Er muss sich in das Welt- und Selbsterleben eines anderen Menschen einfühlen (> Empathie) und sein eigenes Verhalten von außen erleben. Psychodramatische Methoden werden auch beim Bibliodrama (mit Themen aus der Bibel) und > Mythodrama verwendet. Hier werden anhand von Geschichten aus der Bibel, der Mythologie oder aus Märchen archetypische Motive nachgespielt, um deren transpersonalen Symbolgehalt zu erfahren und mit Leben aus der individuellen Geschichte zu füllen. Das Psychodrama ist eine der Formen der > Gruppenpsychotherapie und steht der > Analytischen Psychologie ganz besonders nahe, weil es das Arbeiten mit den symbolischen Ausdrucksformen des Unbewussten (> Symbol) besonders erlebensnah ermöglicht. Viele formen kreativer Gruppenarbeit in Klinik und Einzelpraxis kombinieren psychodramatische Elemente mit anderen Methoden.

Keine

Literatur: Barz, E. (1988): Selbstbegegnung im Spiel; Krüger, R. T. (1997): Kreative Interaktion; Petzold, H. (Hrsg.]) (1993): Angewandtes Psychodrama; Scategni, W. (1994): Das Psychodrama.

Autor: L. Müller