Container/Contained

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Keyword: Container-Contained

Links: > Beziehung > Beziehung, therapeutische > Beziehungsquaternio > Bindung > Bios-Prinzip > Empathie > Kleinianische Psychoanalyse > Mutterarchetyp > Urbeziehung

Definition: Container, Contained (engl. Behälter-Gehalt/Inhalt, von contain: enthalten; innerhalb fest bestimmter Grenzen halten; die Kapazität besitzen, für etwas Raum, Potenzial haben) wurde als Begriff und Konzept von W.R. Bion in die > Psychoanalyse eingeführt. 1957 entwickelte er seine Modellvorstellung indem er vom Container als von einem „lebendigen Behälter ausgeht, der zusammen mit dem Gehalt, den er in sich aufnimmt, wächst“ (Bion, 1992, S. 26), und von einem Objekt (Contained/Gehalt), welches in den Behälter projiziert werden kann. Bion entwickelte diese Modellvorstellungen in Zusammenhang oder Weiterführung von Melanie Kleins Vorstellung der projektiven Identifikation (> Identifikation, projektive > Kleinianische Psychoanalyse) zunächst in der Arbeit mit psychotischen Patienten, dann aber auch bezogen auf die frühe Mutter-Kind-Beziehung: Erwachsenen wie Kindern kann es schwer fallen, heftige und bedrohlich wirkende Gefühle wie z. B. Ängste und Aggressionen, wahrzunehmen und als Teil des eigenen Selbst akzeptieren und bewältigen zu können. Sie sind deshalb auf ein Gegenüber (Mutter, Therapeut) angewiesen, das diese emotionale und kognitive Funktion des Containings stellvertretend übernehmen kann, bis diese Funktion allmählich verinnerlicht wird.

Information: Grundlegend sind für Bion folgende Annahmen: Eine positive Entwicklung hängt von zwei Menschen ab, die in einer lebendigen, gegenseitigen Beziehung zueinander stehen. “Behälter und Gehalt können mit Emotionen verbunden oder von Emotionen durchdrungen sein. In diesem Fall ändern sie sich in einer Art, die üblicherweise als Wachstum beschrieben wird. Besteht jedoch keine Verbindung mit Emotionen oder ist sie verloren gegangen, verlieren sie an Vitalität, das heißt, sie nähern sich unbelebten Objekten an.“ (Bion, 1992, S. 146) Die emotionale und kognitive Entwicklung des Kindes ist auf die Empfänglichkeit der Mutter angewiesen und hängt von deren Fähigkeit zur Träumerei (Reverie), zur träumerischen Einfühlung (> Empathie) ab, eine Fähigkeit, die es ihr ermöglicht, das Kind mit Liebe und Verständnis zu versorgen, indem sie die beängstigen Emotionen und Spannungen in sich aufnimmt und diese aushält. Auf der Ebene der frühen Mutter-Kind-Beziehung kann man sich den psychischen Vorgang des Containings folgendermaßen vorstellen: Das Kind wird von der omnipotenten Fantasie getragen, es könne Teile seiner Persönlichkeit, wie zum Beispiel unangenehme oder ängstigende („schlechte“) Gefühle, ebenso beseitigen wie unbekömmliche Nahrung oder Fäzes (Kot). Es entleert (durch projizieren) einen Teil seiner Psyche, nämlich diese Gefühle, in eine „gute Brust“ (Brust, später Mutter). Während des Aufenthalts in der guten Brust werden diese im Erleben des Kindes derart verändert, dass der Inhalt, der reintrojiziert wird, für die Psyche des Kindes erträglich geworden ist. Die Mutter als Container „verdaut“ so die archaischen Emotionen und Sinneseindrücke des Kindes, die nach Bion noch in einem Urzustand sind. Auf den Vorgang der projektiven Beseitigung „böser“ Objekte kann dann die Introjektion von guten Objekten folgen. Das Ich verbannt nicht nur seine Gefühle, sondern auch den abgespaltenen Teil des Selbst, der diese Gefühle enthält, in das äußere Objekt.

Auf die therapeutische Beziehung übersetzt bedeutet das: Der Psychotherapeut nimmt die vom Patienten an ihn per projektiver Identifikation herangetragenen Affekte, Emotionen, Konflikte (> Affekt > Emotion > Konflikt) auf und versucht deren Entstehung nach verschiedenen Faktoren zu differenzieren und zu verstehen. Durch diese gedankliche und gefühlsmäßige Arbeit des Analytikers und mithilfe seiner Fähigkeit zur Reverie (träumerische Einfühlung) werden den Selbstanteilen des Patienten die Gefährlichkeit und drohende Unverständlichkeit entzogen, sie werden „entgiftet“ und „verdaut“. In bereinigter Form können die vorher unerträglichen Selbstanteile und Affekte vom Patienten wieder übernommen und als Eigenes introjiziert (> Internalisierung) werden. Mit diesem Prozess des Containing geht allmählich auch eine Verinnerlichung dieser analytischen Funktion einher. “Der Patient erfährt viele Male, dass es möglich ist, mit dem Schrecklichen umzugehen, ohne in Panik zu verfallen oder von intensiver Wut und Scham überflutet zu werden“. (Mertens, 1998, S. 46) In Hinblick auf sekundär-prozesshaftes Verstehen können die, von Bion beschriebenen, Phänomene den Analytiker auf regressive Prozesse im Patienten aufmerksam machen und einstimmen. Sie gehören zu den Essentials einer analytischen Haltung und der therapeutischen Beziehung (> Beziehung, therapeutische). R.A. Lazar (Lazar, 2002) weist auf zahlreiche Beziehungen zwischen Container-Contained und den hermetischen (> Hermetik), religiösen, philosophischen und mystischen (> Mystik) Traditionen hin. Unter der Perspektive der Analytischen Psychologie (> Analytische Psychologie) wäre u. a. an das bewusst-unbewusste Beziehungsgeflecht des Übertragungs-/Gegenübertragungsgeschehens (> Übertragung/Gegenübertragung > Beziehungsquaternio), der Anima/Animus-Interaktion (> Anima/Animus: Klassische Auffassung), die Vorstellung des alchemistischen > Vas hermetis/Vas hermeticum, des > Temenos, den > Mutterarchetyp, das > Bios-Prinzip zu denken und auch an das Konzept des Enthaltenen und Enthaltenden, das Jung in Bezug auf die > Ehe diskutiert.

Literatur: Bion, W. R. (1992): Lernen durch Erfahrung.

Autor: A. Kuptz-Klimpel