Hypostasierung

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Keyword: Hypostasierung

Links: > Konkretismus > Personifikation > Symbol > Symbol, Gefahren > Symbolisierung

Definition: Die Hypostasierung (griech/lat. Hypostase: Unterlage, Substanz, Verdinglichung, Vergegenständlichung eines bloß in Gedanken existierenden Begriffs oder auch Personifizierung göttlicher Eigenschaften oder religiöser Vorstellungen zu einem eigenständigen göttlichen Wesen) ist eine Problematik, die sich ganz besonders bei der Verwendung bildhafter Begriffe zur Beschreibung unbewusster Vorgänge ergibt (> Symbol).

Information: Aus einem theoretischen Konstrukt wird durch die Hypostasierung und die oft mit ihr verbundene Substantivierung ein Begriff, von dem der Eindruck entsteht, er beschreibe eine wirkliche Gegebenheit, Größe oder Kraft. Zusätzlich wird dieses Konstrukt oft noch personifiziert (> Personifikation) oder vermenschlicht. Aus unbewussten Prozessen wird so beispielsweise der Begriff des Unbewussten (> Unbewusstes), dem dann auch noch menschliche oder auch göttliche Eigenschaften zugeschrieben werden: das Unbewusste meint oder das Unbewusste will, es ist im Besitz von Weisheit und geheimen Informationen - ähnliches gilt auch für solche psychoanalytischen Konstrukte wie > Es, Ich (> Ich/Ich-Bewusstsein) und > Überich. Damit verlieren diese Begriffe ihren hypothetischen und vorläufigen Charakter und werden zu real existierenden Wesenheiten, Wirklichkeiten und Wahrheiten.

Eine Verbildlichung (> Bild > Imagination) von psychischen Vorgängen (z. B. von Emotionen (> Emotion), Komplexen (> Komplex) ist aus therapeutischen Gründen oft notwendig und hilfreich (> Gestaltung > Symbol > Symbolisierung) und scheint auch eine natürliche psychische Tendenz zu sein, aber es besteht auch immer die Gefahr einer > Regression in magisches Denken (> Magie). 

Obwohl C. G. Jung deutlich auf die Gefahr der Hypostasierung und > Konkretisierung hinweist und seine Konzepte und Begriffe als vorläufige Versuche, etwas Unbekanntes zu benennen, bezeichnet hat, zeigt er im eigenen Gebrauch von Begriffen wie das Unbewusste (> Unbewusstes), der > Archetyp, das > Selbst, der > Schatten, Anima/Animus(> Anima/Animus: Klassische Auffassung), immer wieder auch hypostasierende Tendenzen, und es wird oft nicht deutlich, ob er diese Personifikationen metaphorisch versteht oder doch als relativ konkrete Instanzen.

Literatur: Müller, L. (1989): Magie; Müller, L., Knoll, D. (1998): Ins Innere der Dinge schauen.

Autor: L. Müller