Logos-Prinzip in der Psychotherapie

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Keyword: Logos-Prinzip in der Psychotherapie

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Definition: Das Logos-Prinzip ist die Grundlage fast aller psychotherapeutischen Verfahren und Selbsterfahrungsmethoden. Heilung und Selbstentfaltung sollen durch Einsicht, Erkenntnis, durch > Verstehen und Bewusstmachen gefördert werden. Ganz speziell findet es Anwendung in den analytischen und tiefenpsychologischen Verfahren und in den verschiedenen Ansätzen der kognitiven Verhaltenstherapie.

Information: Therapeuten, deren therapeutisches Modell überwiegend vom Logos-Prinzip geprägt ist, sehen sich manchmal als Forscher, Wissenschaftler, Kriminalisten oder als Seelen-Chirurgen, die präzise und sauber in der Lage sind, den neurotischen Krankheitsherd aus dem Gesamtorganismus der Psyche heraus zu präparieren und zu entfernen ("Saubere Analyse“). Die therapeutische Haltung ist durch Struktursetzung, Distanz, Neutralität und deutlicher > Abstinenz gekennzeichnet. Das Behandlungssetting (> Setting) muss möglichst klar und eindeutig sein, damit keine "Störvariablen" subjektiver und emotionaler Art vonseiten des Therapeuten die Therapie erschweren. Die angewendeten Interventionen (> Intervention) sind meist verbaler und rationaler Art. Fragen stellen, Sachverhalte klären, präzisieren, sichten, ordnen, unbewusste Zusammenhänge und Hintergründe analysieren, deuten, erklären, rekonstruieren. Die Schattenseiten eines dominanten Logos-Prinzip liegen u. a. in einer lebensfernen, unpersönlichen, rollenhaften therapeutischen Beziehung. Methoden, Regeln, Prinzipien und Abstraktionen werden zwanghaft über das Leben und das einzelne Individuum gestellt. Aus psychischem Leben werden in der Begrifflichkeit des Logos-Prinzip Objekte, Apparate, Behälter, Mechanismen und messbare physikalische Vorgänge. Dadurch können sadistisch-masochistische, paranoide und selbstentfremdende Interaktionen gefördert werden.

Auch wenn die am Logos-Prinzip orientierten Richtungen in den letzten Jahren vielfältige Kritik - insbesondere wegen ihrer dogmatischen Einseitigkeit - erfahren haben, so bleibt die Selbsterkenntnis, das > Verstehen, die Bewusstmachung des Unbewussten, doch einer der wesentlichen Heil- und Wirkfaktoren (> Wirkfaktoren, psychotherapeutische) der Psychotherapie. Jeder Mensch hat ein spontanes, natürliches Interesse, sich selbst in seiner Eigenart und als Resultat einer Entwicklung besser zu verstehen. Einsichtsfähigkeit (> Deuten) und > Bewusstheit sind die höchsten bekannten psychischen Funktionen und können wie keine andere Fähigkeit zur schöpferischen Verwirklichung des persönlichen Potenzials eingesetzt werden.

Literatur: Müller, L. (1995): Überlegungen zu einer analytisch-integrativen Psychotherapie; Müller, L. (2001): Lebe dein Bestes.

Autor: L. Müller