Reduktion/reduktive Methode versus Synthese/synthetische Methode

Aus aip-lexikon.com
Zur Navigation springenZur Suche springen

Keyword: Reduktion / reduktive Methode versus Synthese / synthetische Methode

Links: > Analyse > Analytische Psychologie > Finalität > Einstellung, symbolische > Freud-Jung-Beziehung > Integrative Psychologie > Neurose > Psychoanalyse > Synthese

Definition:C. G. Jung hat häufig auf den Gegensatz der reduktiven Methode S. Freuds (lat. reductio: Zurückführung, Verringerung, Herabsetzung, Zurückführung eines Komplexeren auf ein Einfaches) und der synthetischen Methode (griech. synthesis: Vereinigung verschiedener gegensätzlicher geistiger Elemente von These und Antithese zu einem neuen höheren Ganzen) verwiesen. In diesem Gegensatz versucht er das grundsätzlich Neue und Andere der Analytischen Psychologie zu beschreiben. Anfänglich hält Jung den Begriff der > Synthese seinem Ansatz entsprechend, sodass er auch von der synthetischen Psychologie spricht, wenn er sich gegen die > Psychoanalyse abgrenzen will. Als Reduktion, reduktive, manchmal auch reduktionistische, kausal-reduktive oder analytische Methode beschreibt Jung ganz allgemein das Vorgehen der > Psychoanalyse Freuds, die Entwicklung der sexuellen Libido in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen und die infantile Triebentwicklung als Hintergrund psychischer Erkrankungen (> Neurose) anzunehmen. Die Neigung, alles auf den Eros und die persönliche Lebensgeschichte zurückzuführen, bringe keine neuen Erkenntnisse, wirft er - teilweise vereinfachend und polemisch - der Psychoanalyse vor. Sie suche nur nach Gründen, analysiere (> Analyse), zerlege also ein Ganzes (> Ganzheit) in Teile, reduziere es damit und berücksichtige nicht die final-prospektive Tendenz der Psyche (> Finalität) und das kollektive Unbewusste (> Unbewusstes, kollektives). Dadurch würden > Widerstand und konkretistische Deutungsaspekte (> Konkretismus gefördert. (vgl. Jung, GW 8, § 146)

Information: In der Analytischen Psychologie und Psychotherapie versucht der Therapeut demgegenüber, eine synthetische - manchmal auch synthetisch-hermeneutisch oder konstruktiv - genannte Haltung gegenüber dem Unbewussten einzunehmen. Diese Haltung steht in engem Zusammenhang mit der prospektiv finalen Orientierung (> Finalität), dem Symbolverständnis (> Symbol), dem Archetypenkonzept (> Archetyp) und der > Kompensation und > Selbstregulation. Das bedeutet für die Analytische Psychologie nicht, dass die reduktive Vorgehensweise generell abgelehnt wird: Bei bestimmten Krankheitsbildern und Persönlichkeiten, in bestimmten therapeutischen Situationen - vor allem in der ersten Lebenshälfte oder bei Gefahr der > Regression des Ich in die Kollektivpsyche und Inflation hat eine reduktiv-kausale Vorgehensweise auch in der Analytischen Psychologie ihre Berechtigung.

Aber, aufgrund einer ganz anderen Auffassung über das Unbewusste, die Libido und die Entwicklung der Persönlichkeit, muss Jung über diese reduktiv-analytische Vorgehensweise hinausgehen und neue Methoden - synthetisch-konstruktive - entwickeln. Die Äußerungen des Unbewussten sollen als final-prospektiv sinnvolle und kompensatorische Inhalte geschätzt werden. Deswegen sollen sie symbolisch, nicht als semiotisch bzw. als Zeichen für Triebvorgänge, verstanden werden (> Symbol). Die reduktive Methode reduziere, so Jung, ein Symbol auf ein eindeutiges, rationales Zeichen und komme durch die > Assoziation immer wieder auf den schon bekannten und persönlichen > Komplex zurück, anstatt den im Symbol anklingenden Sinngehalt ganzheitlich und hermeneutisch (> Hermeneutik) zu erfassen und zu durchdringen und Verbindungen zum kollektiven Unbewussten herzustellen. Durch eine konstruktive (entwickelnde, aufbauende), kreative Herangehensweise - die beispielsweise auch die > Amplifikation, die Imagination und das gestalterisches Vorgehen wie etwa > Malen aus dem Unbewussten und den > [[Körperausdruck mit einbezieht - kann das > Bewusstsein über eine schöpferische > Regression Verbindung zu neuen Bereichen in der eigenen, persönlichen und der kollektiven Psyche herstellen. Die transzendente Funktion (> Funktion, transzendente) kann dann ihre Wirkung im Sinne einer Synthese, also einer Vereinigung von schon bekannten mit neuen Inhalten auf einer neuen Ebene entfalten.

Keine

Literatur: Siehe Text.

Autor: A. Müller